Jeder gegen jeden (1)
Djepp rannte so schnell er konnte. Er
konnte schnell rennen. Er hatte eine zweite Chance bekommen und er
würde sie nutzen. Er würde als Sieger überleben. Als erstes ins
Labyrinth zu starten hatte mindestens einen Vorzug: Ihm konnte
niemand auflauern. Djepp hatte die beiden Lagepläne überflogen. Die
Chancen standen gut für ihn.
Es gab drei Möglichkeiten, Gegner
auszuschalten: Sie abzuschießen war die sicherste, ihnen ihr Paket
vor der Nase wegzuschnappen die erheiterndste. Ohne Strahler mussten
die dann splitternackt durch das Labyrinth irren – ohne Chance,
sich bei einer Begegnung zu wehren, und eigentlich auch ohne Chance,
eines der Objekte zu finden. Was war das für ein Leben?
Seit zehn Minuten hetzte Djepp
inzwischen durch die rechteckigen Öffnungen in den Wänden, ohne auf
die Umgebung zu achten. Endlich hielt er inne.
Rechts einbiegen, auf die Knie, neben
der Öffnung die Markierung suchen. Eine Handbreit vom Boden aus nach
oben und dann etwa dieselbe Strecke von der Kante der Öffnung,
erinnerte sich Djepp. Da! Da stand eine Zahl. 20/7. Also noch zwei
Wohnungen und dann …
Die Kathedrale. Ein extrem hoher Raum.
Von draußen musste er zu sehen sein. Als Orientierung, wenn man um
den überbauten Teil des Labyrinths herumlief.
Nicht ablenken lassen.
Die Kathedrale hatte fünf Zugänge.
Mist! Laut Karte müssten es sechs sein! Von wo aus musste er zählen?
Welche auf der Karte eingezeichnete Tür gab es in Wirklichkeit
nicht?
Jetzt nur nicht nervös werden. Hinter
ihm lag der Korridor vom Eingang her. Zwei Abzweigungen jeweils
rechts 60 Grad. Zweimal 60 Grad … also 120? Dann liefe er ja aus
der Luft gesehen nicht mehr vom Eingang weg, sondern er näherte sich
ihm sozusagen seitlich wieder.
Djepp breitete die Haupt- und die
Ausschnittkarte auf dem Boden aus. Wenn er nicht schnellstens ein
Detail fand, an dem er sich orientieren konnte, würde er nach
draußen müssen und von der nächsten Ecke aus neu rechnen. Das
würde ihn seinen ganzen Vorsprung kosten.
Moment! Auf der Karte in der Art anders
Denkender stand undeutlich eine Vierstrich-Legende. Sollte das etwa
…?
Djepp rannte von einer Türöffnung zur
nächsten. Tatsächlich! Es gab einen Nachbarraum mit genau vier
simulierten Fenstern. Dann war der rechte Raum daneben der richtige.
Jetzt gerade durch. Noch einer. So …
Nun stand ihm doch Angstschweiß auf
der Stirn. Dabei hatte er Grund zu einem verschluckten Freudenschrei.
Nach der deprimierenden Leere der vielen Räume, durch die er bisher
gelaufen war, stand er nun endlich vor einer Ecke, in der ein prall
gefüllter Sack stand. Palsteg. Hieß der Knoten nicht so? War aber
völlig egal. Wichtig war, dass zuoberst Kleidungsstücke lagen.
Unterwäsche.
Hmmmm? Na gut … er sollte nicht als
Model auftreten. Wenn er die Kampfmontur drüber hatte, würde schon
nix rutschen. Hach, wo waren die Schnüre. Was nutzten Knieschützer,
die über den Schienbeinen hingen? So, jetzt gings. Schade. Ein paar
Sekunden waren verschenkt.
Djepp grinste. Wahrscheinlich erwischte
nachher einer der Riesen den Kleiderpacken für Ta oder ihn. Zu klein
ist wesentlich unpraktischer als zu groß.
Ah! Da war der Strahler. Mit so einer
Waffe in der Hand sieht die Welt ganz anders aus. Schicksal, such dir
ein anderes Opfer. Jetzt wird nichts mehr mit mir gemacht, jetzt
mache ich!
Was war noch drin? Aha … das
Fresskonzentrat, eine Trinkflasche, voll, der Knobelwürfel, ein
Messer und ...
***
... na und die "Gedichte des Tages" dürfen natürlich nicht fehlen:
Die japanischen strengen Formen zu benutzen ist wie Frühsport der Synapsen. Man merkt allerdings deutlich das Knacken in den Geistesgelenken ...
Slov ant Gali: Senryū Nr. 40 - 42
Slov ant Gali: Senryū Nr. 48
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