Slov ant Gali: Jeder gegen jeden (4)
... Zum Ziel 1 gehörte je eine Waffe. Es
waren umgebaute Handstrahler. Sie töteten nicht, aber sie besorgten
eine recht schmerzhafte und etwa eine Stunde anhaltende Betäubung.
Die Toten konnten danach formal weiter mitspielen, zwar nicht mehr
siegen, aber töten, niederschlagen, Objekte finden und verbergen und
anderweitig in den Verlauf des Kampfes eingreifen. Auch das war
bekannt: Die Jury bewertete auch das Verhalten der Toten und vergab
Punkte. Die drei Punktbesten bekamen eine weitere Chance gegen neue
Kandidaten. Es lohnte also, ihnen die Strahler wegzunehmen.
Ta war als fünfte am Start. Die
Wildcard-Gewinner von einem früheren Test waren vor 40, 30, 20
Minuten, der erste Mitkadett vor 10 Minuten eingerückt. Wenn Ta Pech
hatte, war einer darunter, der Ziel 1 schnell gefunden, sich ihren
Strahler gegriffen, Stellung bezogen hatte und nun in aller Ruhe
abwartete, bis alle weiteren 10 Minuten wieder jemand aus der
Schleuse kam, um ihn wehrlos abzuschießen, um danach ungestört die
Objekte zu suchen.
Das wäre zwar nicht fair gewesen, aber
genau dies unterschied ja diesen Test von allen anderen: Es siegte,
wer den unbedingten Siegeswillen besaß und schnell Entscheidungen zu
treffen vermochte. In der Zukunft eben auch die Entscheidung, einen
Teil der Mannschaft fürs Ganze zu opfern.
Ta fand diesen Ansatz unmoralisch.
Reichte es nicht schon, dass die Raumfahrer auf der Erde als
Supermenschen angesehen wurden und der Besonderheit ihrer Tätigkeit
wegen nicht normal waren, begaffenswert aus einer Mischung aus
Verehrung und Angst heraus? Musste dies sogar schon bei der Auswahl
der künftigen Generation als Entscheidungskriterium benutzt werden?!
Aber was half es? Die Schleusentür
ging auf und am besten hechtete und rollte Ta schnell in eine
Richtung, die der vielleicht lauernde Heckenschütze nicht erwartet
hatte.
In ihrer Trainingshalle hatte Ta eine
absonderliche Hechtrolle geübt. Jeder halbwegs normale Mensch
streckte für eine solche Übung Arme und Oberkörper vor und zöge
damit den Rest des Körpers nach. So war der Oberkörper am
schnellsten aus der Schusszone. Das war aber auch die Ebene, auf die
der gegnerische Lauf gerichtet sein würde. Ta hatte geübt, mit den
Füßen voran zu springen. Das sah komisch aus, verwirrte aber den
anderen sehr, denn der musste den Lauf seiner Waffe bewusst nach
unten neu ausrichten.
Gedacht, getan, gesprungen …
Nichts geschah. Nur den Beckenknochen
hatte sich Ta gestoßen. Verlegen richtete sie sich auf, sah sich um,
dachte an die heimlichen Beobachter hinter den unsichtbaren Kameras,
die etwas irritiert gucken mochten bei den gerade beobachteten
Verrenkungen. In Zeitlupe würde das wahrscheinlich weniger nach
Bewegung im Kampf aussehen als nach Ausrutschen auf einer Eisbahn.
Also weg mit dem Gedanken, beobachtet
zu werden! Tas Vorderleute hatten wohl auch vorgezogen, sich auf
Wichtigeres zu konzentrieren, es aber bestimmt noch nicht gemeistert:
Ziel 1 mussten sie finden, also endlich etwas Schützendes anziehen,
sich bewaffnen und essen. Welch verlockende Erwartung, nach 48
Stunden wieder feste Nahrung zwischen den Zähnen zu haben. Danach
fiele das Nachdenken bestimmt leichter. ...
.***
Bleibt nur noch, die "Gedichte des Tages" nachzutragen:
Mit einem Schmunzelfältchen geschmückt schließt sich Jürgen Polinskedem Lyriktrend gen Osten an. Ihn brachte er zum Ausruf "Ach Buddha..."
Da kommt meine Trauer wohl auch nicht ganz trocken rüber:
Slov ant Gali: Senryū Nr. 59
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