Dienstag, 20. August 2013

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1829

Wer auf einen weniger utopischen Text von einem anderen Autoren wartet, findet in Bälde "seine" Prosa. Heute auf jeden Fall noch einmal Bekanntes:

Slov ant GaliJeder gegen jeden (7)

... ***

Tom hatte seine spezielle Vorbereitung auf das Labyrinth abgeschlossen. Er wusste, erst einmal drin, gewann man nur schwer einen Überblick über das Ganze. Tom wollte möglichst viele Fakten zur Entscheidungsfindung. Für das Gelände galten allerdings bis in die Gegenwart Regeln, die eigentlich vor Jahrhunderten abgeschafft worden waren. Dazu gehörte, dass es keine offiziellen Angaben über die Größe des Labyrinths gab. Auf Karten, die man sich besorgen konnte, war es Bestandteil der Umgebung. Da es mitten im Sperrwald lag, erschien es auf den Karten als Teil dieses Waldes. Der Sperrwald war zwar eigentlich längst nicht mehr gesperrt und für die angehenden Kadetten sowieso nicht. In ihm gab es mehrere Waldlaufstrecken, die intensiv genutzt wurden. Trotzdem kam man nicht bis an den Zaun heran. Tom hatte versucht, von den ausgetretenen Wegen abzuweichen und sich dem Rand des Labyrinthgeländes zu nähern. An einer mindestens vier Meter hohen Mauer war der Versuch dann zu Ende. Nun konnte es natürlich sein, dass nicht sofort dahinter das Labyrinth begann, aber Tom war zumindest sicher, dass ein Areal von fünf mal fünf Kilometern gegen die Außenwelt abgeschottet wurde. Wer immer darin gewesen war, machte aus seinen Erlebnissen ein großes Geheimnis. Nun hielt Tom wahrscheinlich eine Antwort in Händen. Auf dem Plan, richtiger: den beiden Plänen, die er der Kugel entnommen hatte, ergab sich, dass die gesamten 25 Quadratkilometer zu ihrem Kampffeld gehörten. Das Häuserlabyrinth lag an einer Seitenfläche und maß zwei mal zwei Kilometer. Hier war ein Kreuz eingezeichnet. Das war also sein Ziel 1. Der Zettel war quadratisch mit etwa 15 Zentimeter Seitenlänge. Also entsprachen drei Zentimeter einem Kilometer in der Wirklichkeit. Wobei es schwer sein würde, sich diese Strecke vorzustellen. Immerhin stellte der zweite Zettel den Ausschnitt um Ziel 1 dar. Hier fehlte aber jeder Anhaltspunkt, wie groß und wie genau diese Abbildung war. Es gehörte zur Leistung der Kandidaten, dies herauszufinden, und als Schwierigkeitsgrad war wohl angesetzt worden, dass die ersten es normalerweise nicht schaffen konnten, sich tatsächlich mit ihren Waffen am Eingang auf Lauer zu legen. Bei durchschnittlich 25 Teilnehmern im 10-Minuten-Takt schon viel. Die Unsicherheit waren natürlich die Wildcards, die ja mehrere Tage auf dem Gelände gekämpft hatten und sich schneller orientieren konnten. Von denen konnte der erste im Extremfall schon nach 30 Minuten als Heckenschütze lauern. Aber nur im Extremfall. Und der Umgang mit diesen Zetteln war ein Problem für sich: Das normale menschliche Denken war doch darauf getrimmt, Computerdaten zu deuten. Er hätte ein Programm gestartet mit der größten Deckungsgleichheit der Markierungsdaten. In Bruchteilen von Sekunden verglich so ein Computer jeden erdenklichen Maßstab und errechnete darauf aufbauend den optimalen Weg. Ein gutes Programm enthielt auch eine Fehlerwahrscheinlichkeitsrechnung, also wo am ehesten auf dem Plan eine Wand falsch eingezeichnet sein könnte.
Optimal für eine Gruppe, die das Labyrinth gemeinsam meisten wollte, wäre natürlich gewesen, sich gleich am Anfang noch nackt hinter der ersten Abzweigung oder Tür rechts zu verbergen. Alle Kandidaten, die dies nicht wussten, liefen vorbei. Die eigene Truppe aber würde alle Aufgaben gemeinsam lösen.
Oder eigentlich war das doch nicht optimal. Die Beobachter hatten die Sicherheit, dass eine wettbewerbsverzerrende Vorabsprache getroffen worden war. Wichtiger aber war, dass Bona die Startposition 18, Misty gar erst die 21 erwischt hatte. Das hätte geheißen, dass alle noch wehrlos nackt in Startnähe gehockt hätten, während die ersten Gegner mit Sicherheit bewaffnet ihre Taktik umzusetzen konnten. Die hätten sie wie Karnickel jagen können – gleich fünf Wehrlose auf einmal …
Moment …

Tom stand einen Augenblick starr da. Dass sie darauf nicht gekommen waren? Der eigene Plan war modifizierbar. Er, Tom, musste nur schnell an seine Waffe. Dann konnte er vielleicht noch die beiden Frauen abfangen und ein paar Kontrahenten gleich am Eingang aus dem Rennen werfen. Ta und Martin liefen ihm nicht weg. Die würden in ihrer Ecke lauern, bis er mit seiner Übermacht von drei Strahlern auftauchte. ...

***

Bekannt ist auch, dass nun die "Gedichte des Tages" folgen:

Bei Jürgen Polinskes Gedicht  ohne Titel ist die toternste Frage: Ist es nun ein Sonett oder nicht. Tierisch ist es bestimmt ... und blutrünstig ... oder wie das heißt. Da kommte ich nur etwas besonders Trockenes dagegen halten:

Slov ant Gali: Senryū Nr. 60







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