Montag, 28. Februar 2011

DREI Nummer 961

Die Gedichte des Tages erinnern morgen wieder an die Texte von vor drei Jahren. Am 1.3.2008 also neben einem eigenen Versuch ein Friedenslesungstext.
Aber morgen gibt es auch Neues:
Beginnen wir dem März mit Sebastian Deya "Wohin Führer lügen".
Da wir ein soziales Land sind, setzen wir fort mit "ein Künstler mehr" (...neue Künstler braucht das Land ...)

Übrigens gibt es auch ein Afghanistan-Video mit dem Liedklassiker ...

Weiter in der Fortsetzungsgeschichte "Eine wunde Stelle" (5):
... Am Abend saß er wieder im selben Sessel und lächelte. Max war nicht wieder zu erkennen. Der Junge zog sich zum Schlafen zurück, als es für Nastja Zeit war. Nachdem sich die Erwachsenen mit Küsschen von der Kleinen verabschiedet hatten, wühlte er ein Märchenbuch aus einer Schrankecke heraus, setzte sich neben das Bett des Mädchens und las in für die Kleine unverständlichem Deutsch das Märchen von der Schönen und dem Biest vor.
Noch nie hatte Michael seinen Sohn so betont lesen hören. Der Junge hatte der Kleinen erst die Illustrationen gezeigt und dann, als sie etwas gefragt hatte, seinen Finger sanft auf ihren Mund gelegt. Unbemerkt waren Michael und Galja in der Tür stehen geblieben. Sie hatten sich angesehen, und zum ersten Mal waren keine Fragen in ihren Augen gewesen, sondern eine gemeinsame Freude.
Nun war es dunkel und still im Kinderzimmer. Michael wartete. Endlich tauchte Galjas Kopf in der Wohnzimmertür auf. „Ready! Now you!“ Über das Danach hatten sie nicht gesprochen und das nicht allein, weil sie sich in einer Fremdsprache unterhielten, die sie beide nicht fluent beherrschten.
Als Michael in den Korridor trat, war Galja schon im Schlafzimmer verschwunden. Er hatte nicht einmal gesehen, was für ein Nachthemd sie trug und ob überhaupt. Michael setzte sich auf die noch warme Toilettenbrille, er putzte schäumend die Zähne, stieg in die Duschkabine, ließ warme Strahlen an jede erreichbare Hautpore, öffnete die Schiebetür wieder, streckte, um sich Mut zu machen, nackt und nass seinem Ebenbild im Spiegel die Zunge heraus und die Arme nach oben. Seine Gedanken schlichen ihm dabei ins Schlafzimmer voraus und wieder zurück. Plötzlich stand er der blinzelnden Nastja gegenüber. Die sagte mit weinerlicher Stimme etwas, was wohl „Ich muss mal pullern“ bedeutete, denn ohne den nackten Mann aus den Augen zu lassen, tappte sie weiter zur Toilette.
Etwas verwirrt begann Michael mit dem Abtrocknen. Seine Wunschtochter sollte natürlich auf keinen Fall in irgendeiner Weise verklemmt heranwachsen. Dazu durfte er sich aber auch nie so benehmen, als gäbe es einen Grund, sich zu schämen oder zu zieren. Selbst, wenn er äußerlich so anders – im Moment so besonders anders – aussah als die Mutti. Nastja schien genügend Tropfen in Reserve zu haben. Sie stützte sich mit beiden Armen auf dem Sitz ab, und außer, dass sie kein Auge von dem Mann ließ, deutete nichts auf ihre Gedanken hin.
Michael hatte sich trocken gerubbelt. Erfahrungen mit fremden kleinen Mädchen fehlten ihm. Aber es konnte sein, dass die Vierjährige nicht ihr fremdes Bett oder erforderliche Lichtschalter fände. So blieb Michael stehen, bis Nastja die Arme durchdrückte und mit den Hüften nach links und rechts schaukelte.
Na, fertig? Ich bring dich ins Bett!“
Und weil er der Kleinen damit die Möglichkeit raubte, ihn weiter so intensiv zu mustern, nahm er sie auf den Arm. Sie legte sofort ihren Kopf an seine Schulter, und schon auf dem Flur bildete er sich ein, dass sie ruhig wie im Schlaf atmete.

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