Samstag, 17. September 2011

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1150

ir beginnen wie in den vergangenen Tagen mit dem SF-Fortsetzungs-Groschenroman, mit der inzwischen  39. Fortsetzung der Rohfassung von Anna Roths "Das Bienenprojekt" - wieder mit einer Doppelseite:

Wenn es überhaupt einen Platz innerhalb des Institutsgeländes gab außerhalb des Machtbereichs der Bienen, war es der. Sollten wir weitere Völker geschaffen haben vielleicht selbst de nicht mehr.
„Und wenn Esther nachkommt?“ Paul schien inzwischen doch etwas besorgt.
„Ruf sie unterwegs an! Sie soll direkt dazukommen.“
Paul bekam keine Verbindung. Unterwegs versuchte er es immer wieder. Wir machten unsere Eintragung, freuten uns über unser Glück, dass gerade das nächste Wochenende noch frei war, und hatten uns inzwischen von Paul anstecken lassen. Fast im Laufschritt näherten wir uns unserem Arbeitsbereich. Ohne Umwege liefen wir zum Rechnerraum.
Als wir die Tür öffneten, sahen wir Esther von hinten. Sie war am Hauptschirm neben dem Screeningfeld zusammengesunken. Sie rührte sich nicht.
„Wir waren noch im Haupthaus“, rief Paul mit künstlich optimistischer Stimme.
Esther reagierte nicht. Als ich sie an der Schulter berührte, kippte sie zur Seite. Ein Griff zur Halsschlagader. Ich sah Paul an, schüttelte den Kopf. Der herbeigerufene Notarzt diagnostizierte Herzversagen. Bevor er eingetroffen war, hatten wir einen knappen Check versucht, was sie zuletzt gemacht hatte. Wenn wir dem Rechner und dem Notenblatt, die zusammen mit einem Stift neben ihr lagen, glaubten, so war das gar nichts. Dass es überhaupt dieses Blatt gab, deutete darauf hin, dass sie per Hand hatte schreiben wollen und nicht mehr dazu gekommen war.

Weniger wahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen war, dass jemand einen ersten Zettel an sich genommen hatte. Von uns dreien war es keiner. Allerdings beschäftigte mich in den kommenden Stunden, dass wir uns ja für etwa drei Minuten an den Toiletten getrennt hatten. Nein, Quatsch, so schnell konnte niemand sein …

Ein paar Befragungen verliefen ergebnislos. Sie waren aber auch wenig zielgerichtet. Was sollte man Leute fragen, die nicht zugegen gewesen waren, als das Opfer seinem angeblich natürlichen Herzversagen zum Opfer gefallen war? Dass Paul heim geschickt wurde, war klar; dass wir zwei ihn begleiteten, fast genauso.
Irgendwo habe ich einmal den Ausdruck „Stille“ gebraucht. Für die Momente bei Paul traf er bestimmt zu. Esther an Pauls Stelle hätte wahrscheinlich etwas zum Hantieren gefunden und in den bedrückenden Minuten auf uns eingeredet, als gäbe es keine wichtigeren Dinge auf der ganzen Welt, als eine gute Gastgeberin zu sein. Paul war zwar auch zum Glasschrank gegangen, hatte wortlos die Tür geöffnet, die eine, fast volle bauchige Flasche Whisky gegriffen, sich eingegossen, aber uns, richtiger Lissy, dabei nur in Gedanken versunken betrachtet wie durchsichtige Marsmännchen, „Sorry!“ gesagt, in Verkennung des edlen Tropfens den gesamten Inhalt des Glases ans Ende seines Rachens geschüttet und dann, als antwortete er damit auf ein Angebot, das niemand ausgesprochen hatte: „Nein, lasst nur! Ich möchte allein sein.“
Lissy zog mich heim in unseren Bungalow. Wir machten kein Licht.  


Als Gedichte des Tages stellen wir am 19.9. zuerst einmal vor



Ein kleines Mädchen
mit Sommersprossen
um die kecke Nase
saß
auf einem elektronischen Spieltier
in einem Einkaufszentrum
die blonden Zöpfe schaukelten
die Lichter blinkten
es war glücklich.

Unbeschwerte Nachmittage
mit den Eltern im Park
zwischen Eistee
und Butterbroten
Frisbeewerfen
der Familienhund
der seine Schnauze
in einen Maulwurfshügel grub
wie eine Vorahnung.

Die ersten Jungs
die ihr folgten
wie kleine Dackel
immer mit dem Schwanz wedeln
obwohl
weder die Jungs
es wirklich verstanden
noch sie
wirklich reif dafür war.

Sie freute sich
plötzlich
im Mittelpunkt zu stehen
wo man ihr doch
jahrelang
keine Beachtung beimaß
sie tat
was die Jungs von ihr verlangten
ohne zu zaudern
war sie denn nicht
die Beliebteste von allen?

Blitzende Lichter in der Ballnacht
doch ihr Begleiter
verließ sie
nach Mitternacht
und ihre glänzende Kutsche
verwandelte sich
in einen Heimweg
durch den strömenden Regen
zu Fuß.

Von Hilfsjob zu Hilfsjob
hangelte sie sich
am Leben entlang
stets die zwei Argumente im Schlepptau
die ihr am Ende
die Stelle verschafften.

Schöne Männer
mit hässlichen Seelen
haben sie verschlissen
ihr den Rückhalt verwehrt
wenn sie
einen ehrlichen Menschen
am nötigsten hatte.

Eine Frau
in knappen Shorts
saß auf
einem elektronischen Bullen
schwang den Büstenhalter über dem Kopf
wie ein Lasso
doch warum
war ihr Lächeln verrutscht?  


Dazu kommen dann noch
 "Elegie" im Vergleich zu  Heinz Ehrhardts "Herbst
und aus 2008  Abu  

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