Mittwoch, 21. September 2011

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1154


Und wenn die andren weiter sind,
die später sind gestartet?
Wenn sie der Erde näher sind,
weil sie sie stets gewartet?

Wir bringen Fortschritt in die Welt,
der diese bald vernichtet.
Wer bleibt hier außer totem Geld,
wenn über uns gerichtet?

Wir lächeln weg den Poncho-Mann,
der Mutter Erde duzt.
Uns reimt sich, was nicht reimen kann,
nur weils der Börse nuutzt.

Wenn bald das schlimme Ende kommt,
bestrafts auch ohne Schuld
die, die sich fügen, wies da kommt,
voll Katzentischgeduld.

Ist eine solche Frage nicht erlaubt? "Wir" Europäer fühlen uns zwar als die Bannerträger allen Fortschritts, aber ... dieses Testgedicht stellt es einfach in Frage - was immer "andere" von Morales und den Seinen hält.
Die beiden anderen (...) Gedichte des Tages vom 23.9. sind Gunda Jarons "Fünfzeiler - querbeet (1)" zum Schmunzeln und mein  empath  von 2008.


Übrigens ist passend zur Heimsuchung des Papstes, dieses so genannten "Stellvertreter Gottes auf Erden" ein Gedicht aufgefallen: 

Jürgen Polinske: Gott ist ...


Zur Prosa. Inzwischen ist der SF-Fortsetzungs-Groschenroman  bei der inzwischen  43. Fortsetzung von Anna Roths "Das Bienenprojekt" angekommen - wieder mit einer Doppelseite:

Hervorstehende Backenknochen, die Augenhöhlen etwas tiefer als normal, unter dem Kittel verbarg sich nur schlecht ein durchtrainierter Body. Schön fand ich ihn nicht, eher klobig. Eine Art Frankenstein nach der sechsten Schönheits-OP, der zumindest Romana mit ausgestrecktem Arm in der Luft schweben lassen konnte, notfalls wahrscheinlich aber mich noch mit. Innerlich lehnte ich ihn augenblicklich ab. Ich nahm mir nachher seine Akte vor, erwartete darin Einsätze in der Fremdenlegion oder Ähnliches, aber angeblich hatte er vor seinem Eintritt ins Institut nur ein paar Praktika bei renommierten Forschungseinrichtungen absolviert. Das weckte wieder mein Misstrauen. Wahrscheinlich war diese Vita so getürkt wie fast alles, womit ich künftig zu arbeiten hatte.

Die erste Stunde unseres Aufenthalts in der Partyhütte passierte nichts außer Smalltalk. Es kann ja sein, dass nur mir das so vorkam, aber alle machten demonstrativ auf heiter und locker, taten so, als wären langjährige beste Freunde zu einem Wiedersehenstreffen zusammen. Wir schienen nichts Besseres zu tun zu haben, als uns gegenseitig zu umarmen, abgedroschene Witze zu erzählen, Sekt zu trinken und „Weißt du noch, ...“ zu sagen. Vielleicht lag dieser Eindruck aber auch daran, dass sich die sechs Neuen wirklich schon länger kannten und ich mir wie ein Fremder unter ihnen vorkam.
Das Mittagessen war dann mein Beitrag zur Witzigkeit. Ich hatte einen Riesenbehälter Soljanka bestellt, der von Anfang an vor sich hin geköchelt hatte.

Ich war mir sicher, dass es kaum einen Amerikaner gab, der Ahnung von russischer Küche hatte oder ihr gar positiv gegenübergestanden hätte. Das traf ja auf mich genauso zu. Aber der Partyservice des Instituts hatte mir versichert, die Soljanka wäre bisher der Picknick-Renner – bei den ansonsten bunt gemischten Teams sei es das Exotischste, was sie anzubieten hätten.
Ewig ließ sich aber der entscheidende Moment nicht hinauszögern. Ich hatte eine Respekt erheischende Glocke an meinem Platz versteckt. Sie tat ihre Wirkung. Alle sahen mich aufmerksam an. Ich wusste ja, dass bei keinem der Alkoholspiegel wirklich hoch sein konnte. Und das Entscheidende musste geklärt sein, bevor dies anders war.
„Also zum Organisatorischen. Ihr habt euch hoffentlich ordentlich von euren Familien bis morgen Abend verabschiedet. Wir haben also Zeit für unser Programm. Für keinen Programmpunkt ist eine feste Zeit vorgegeben. Der wichtigste Grund dafür ist das aktuelle Brainstorming. Ich gehe davon aus, dass jeder, der in dieses Himmelfahrtskommando beordert wurde, weiß, worum es geht ...“
Warum ich wirklich Himmelfahrtskommando sagte, weiß ich nicht. Aber ich merkte sofort, dass nur Paul irritiert dreinblickte. Bei den Anderen hatte ich offenbar den richtigen Ton getroffen.
„Ich schlage vor, in der ersten Runde stellen sich alle kurz vor und erzählen, was sie von unserem Bienenproblem wissen. Aber bitte grob und ohne die Vorredner zu wiederholen.“

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