Freitag, 1. Februar 2013

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1639


Wie funktioniert Kreativität?
Zum zweiten Mal stellte ich ein Gedicht im Kreis anderer Autoren vor. Wieder stellte sich die vorliegende Version als nicht tragfähig heraus. Aber das hieß nicht, die widersprüchlichen Versuche Anderer zur Verteidigung und Verbesserung anzunehmen. Wichtiger war, sie anzuhören. Wichtigster Einwand gegen das Vorliegende: Es war kein Verb verblieben. Nur substantivisch angeordnete Brocken. Nun ging ich davon aus, dass das dem Charakter der beschriebenen Situation angemessen wäre ... aber da kann man immer entgegenhalten, dass Langeweile nicht auch noch langweilig beschrieben werden sollte. Von dem "anderensterns" musste ich mich verabschieden, weil die Aussage unverstanden blieb. Nun stand das Problem, dass ich auf Verben auch deshalb verzichtet hatte, weil die, die mir für den Vortext eingefallenen waren, einfach zu schwach waren - wie "ist". Während darüber gestritten wurde, ob "rieselt" ein schönes Wort wäre und "wirzeit" am Ende des Gedichts nicht ginge, weil es eine neue, also die Zeitdimension, in den Text einbrächte, obwohl es eigentlich ein schöner Ausdruck sei, suchte ich nach neuen Strukturen, begierig den eingebrachten Argumenten lauschend, diesmal aber, ohne sie nur festzuhalten, sondern gleich umzuarbeiten. Das Gedicht war - bis auf die neue Überschrift - zum Schluss der Debatte fertig. Es war nicht das, was ich hätte so machen sollen, wenn es nach einem Teilnehmer der Debatte gegangen wäre, es wäre aber ohne die einzelnen Einwände aber nicht zustande gekommen. Ja, beispielsweise landete die "wirzeit" am Anfang, weil eine Teilnehmerin sie ans Ende wünschte. In gewisser Hinsicht - und das denke ich, kann man verallgemeinern auf viele Kreativ-Produkte - ist das Ganze sowohl mein ureigenes Werk als auch das Werk des Schöpferprozesses der Gemeinschaft. Es ist ungerecht, wenn der Anteil der Gemeinschaft "verschwindet", nur weil niemand für sich beanspruchen kann, dass die folgende "Idee" so die seine gewesen sei ... und dies belegen kann. Grins: Der Mensch ist eben ein Gemeinschaftswesen ...
"AUS".
Ein privates Katastrophengedicht korrespondiert vielleicht am leichtesten mit einem, das unsere Umwelt betrifft. Ihm liegen USamerikanische Überlegungen zugrunde, die Klimaerwärmung "im Handstreich" zu beseitigen. Durch das Ausbringen von Aerosolen, in der Natur haben sich dabei Schwefelsäure-Ionen bewährt - in höheren Atmoshärenschichten ließe sich die Sonnenstrahlung faktisch "dimmen". Die prognostizierten Überschwemmungen usw. blieben wegen der Kühlung aus ...





Es folgt ein weiteres Stück Leseprobe aus "Die sieben Kugeln":


... Die Schlacht


Der Berliner Senat beschloss nach eingehender Debatte, seine Beratungen in Magdeburg fortzusetzen. Dort wurden Pläne beschlossen für Evakuierungsmaßnahmen und Notversorgungen für Hunderttausende Flüchtlinge an. Solche „Entschlossenheit“ beeindruckte die Welt. Immerhin überwog international die Überzeugung, der exakt ein­gegrenzte Katastrophenherd wäre beherrschbar – alles nur eine Frage der Zeit. Kein Ende der Menschheit in Sicht. Was nun die Sikroben waren, wo sie herkamen, aber vor allem, was man gegen sie machen konnte, da gingen die Meinungen nicht nur in den Parlamenten und Ausschüssen weit auseinander. Die Menschheit war schließlich bisher noch von keiner Erscheinung bedroht worden, von der eigentlich nicht mehr klar war, als dass schnell etwas unternommen werden musste, um ihrer Herr zu werden. So eine Bedrohung sollte das Gemeinsame einer Intelligenz hervorkehren. Nicht Mensch gegen Mensch, sondern alle Menschen gegen Unbekannt. Aber die größten Erfolge bestanden im Moment in den Papieren, die eindrucksvoll verschraubt formulierten, dass man hilflos war. Für die Amerikaner war die Sensation allerdings noch zu weit weg. Ansonsten aber gab es wohl auf der ganzen Erde kein Gremium mehr, bei dem die Sikrobeninvasion nicht wenigstens einmal auf der Tagesordnung gestanden hätte. In Europa waren sieben Institutionen entstanden, die sich mit der Koordinierung aller verfügbaren Mittel der humanitären Hilfe, der Forschung und der operativen Sikrobenbekämpfung beschäftigten. Die Amerikaner boten an, den gesamten Katastrophenherd mittels Anti­materie von der Landkarte zu löschen. Beseitige man den Flecken, beseitige man damit auch die Sikroben, also das Problem. Darüber hinaus deuteten sie an, dass weitere technische Kapazitäten aus dem Weltraum auf Berlin gerichtet wären.
Genau genommen wusste natürlich niemand, was wirklich helfen konnte. Deshalb hatte man den „Koordinationsrat operative Reaktionskräfte (KOR)“ geschaffen. Der hatte wenigstens eines erreicht: Um Berlin herum waren bisher nie erreichte Mengen an Waffen pro Quadratkilometer zusammengezogen worden.
Für die täglich komplizierter werdende Kanalisierung der Flüchtlingsströme waren andere zuständig. Teilweise blieben kleine Trecks schon in den von ihren Bewohnern verlassenen Umlandsiedlungen Berlins hängen.
Bisher vermehrten sich die Angreifer ungebremst. Stoppte man sie nicht, wäre in etwa zwei Monaten vom deutschen Flachland nur noch ein erstarrter Brei übrig, und voraus­gesetzt, der Herd breitete sich mit gleich bleibend wachsender Geschwindigkeit aus, wäre nach einem weiteren Monat alles Tiefland Europas von dem gehärteten Silitbrei überzogen. Deshalb hatte sich der KOR für den Einsatz des Militärs entschieden. Wofür hätte er sich sonst entscheiden sollen?
In Tests zeigten sich die Tropfen durchaus verletzlich. Extrem hohe Temperaturen zusammen mit hohem Druck waren ihnen unangenehm. Es gab aber nur Testreihen mit geringen Objektmengen unter Laborbedingungen. Arbeiter, die nach den vielen Unfällen bereit gewesen wären, die Feld-Container zu befüllen, waren kaum noch zu finden. Auch waren noch keine allgemein anwendbaren Wege gefunden, Tropfen, die man erfolgreich ins Isolierfeld gesperrt hatte, halbwegs sicher dort wieder herauszubekommen, um sie irgendwelchen Tests zu unterziehen. Weder Hitze noch Druck waren für Berlin geeignet. Auf einen Punkt konzentrierte Laserstrahlung löste die Testtröpfchen praktisch auf; breit gestreut, drückte sie die Tropfen dagegen nur zusammen. Hatte man die Strahlungs­quelle abgeschaltet, ging alles normal weiter – sofern man die Sikroben normal nennen wollte. Dies hatte man in den Containern selbst getestet. ...





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