Donnerstag, 14. Februar 2013

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1652


Es gibt Ereignisse im Leben, bei denen und für die findet man schwer die richtigen Worte. An der Spitze derer liegen Trauerfälle für Menschen, die uns nahe stehen, egal, ob die Verstorbenen uns nahe standen oder die, die sich verabschieden müssen. Zu solch einem Anlass hat Gunda Jaron unter anderem das folgende Gedicht zu fügen vermocht: "Wieder ein Abschied". Lauschen wir dem Klang und erfreuen wir uns an jedem Tag ohne einen solchen Dichtungsanlass.
Wenn ich entscheiden sollte, welches Gedicht hierauf folgen könnte, so wäre die klare Antwort "Keins". Aber dann fällt mir der Abschied von meinem besten Freund ein, der sich für die Trauerfeier wünschte "Ach, du lieber Augustin, ...alles ist weg ..." und ich sah ihn schmunzeln. Notfalls also "Barkeepers Vision" ...



Die Prosa heute ist nicht traurig:



Slov ant Gali: Der Planet der 1000 Inseln (8)


... Ich hatte gesagt, mach einfach alles, was die anderen machen – und dann sorgte ich dafür, dass keine anderen da waren, an denen sie sich hätte orientieren können …
In der letzten Unterrichtsstunde waren wir zwar wieder anwesend, zumindest ich aber war total abwesend. Krampfhaft versuchte ich, nichts zu hören, nichts zu bemerken. Dieses Tuscheln nicht. Den Abstand nicht, den die Grüppchen nun von uns hielten. Als ob wir einen Geruch verbreiteten wie ein defektes Fäkalienrohr.
Zu allem Überfluss bat der Trainer mich am Schluss der Stunde, noch einen Moment zu bleiben. Ich hätte doch im Vorjahr die Arbeitsgemeinschaft geleitet. Ob ich das wieder machen wolle.
Ganz merkwürdig guckte er, als ich antwortete: „Ich lass es mir durch den Kopf gehen.“
Arbeitsgemeinschaft leiten. Das war so ziemlich das Letzte, worauf ich mich gerade hätte konzentrieren können.
Mahay hatte abseits auf mich gewartet. So hatte die Nachfrage des Trainers, der offensichtlich noch nichts von dem Zwischenfall in der Sportstunde gehört hatte, wenigstens einen Vorteil: Die Klasse war weg.
Dachte ich. Denn am Ausgang hatten sich einige Jungen versammelt. Als wir zwei durch die Tür kamen, begrüßte uns ein Chor von Huhuhu-Rufen.
„Lasst sie in Ruhe! Sie hat euch doch nichts getan.“
Was hätte ich denn tun sollen? Ich musste den Beschützer spielen gegen diese Kinder. Ja. Kinder!
„Na du bist genau der Richtige ...“
Gragolo sprang mich an. Wir rangen miteinander. Das lief natürlich nicht gut für mich. Seltsames Gejohle veranlasste Gragolo allerdings von mir abzulassen. Die Situation hatte sich bedrohlich verändert. Die meisten Jungen beachteten uns kaum noch. Sie bildeten einen Halbkreis um Mahay, Zweie hielten sie fest und ich hörte den Ruf „Na, zeig doch noch mal!“
Ich war ein schlechter Beschützer. Anstatt laut um Hilfe zu brüllen – irgendwo mussten um die Zeit doch vernünftige Erwachsene sein – stürzte ich mich wie ein Hornvieh in den Halbkreis. Der Rest ging blitzschnell. Es dauerte bestimmt keine Minute, da ließ eine jubelnde Meute von uns ab. Ich sah, wie meine Hosen herumgereicht wurde – Beute eines Riesenspaßes.
Trost auf dem Heimweg: Mein Oberhemd war sehr lang. Aber die Schultasche wagte ich natürlich nicht über die Schultern zu werfen. Das hätte das Hemd vorn hochgehoben.
Endlich daheim grüßte ich Vater durch die Arbeitszimmertür. Es schien ihm in Ordnung, dass wir gleich zusammen in meinem Zimmer verschwanden.
Und dann kam diese so unheimlich peinliche Frage: „Was haben die nur gegen mich?“
Ich hätte jetzt erklären müssen, dass es bei uns nicht üblich ist, sich öffentlich nackt zu zeigen, vor allem dann nicht, wenn man nichts machen will, wozu man sinnvollerweise nackt ist. Aber bevor mir das aus dem Mund kam, wusste ich schon ihre Antwort: Aber beim Sport ist man doch sinnvollerweise nackt. Es wäre endlos so weiter gegangen.
„Du hast so viele Haare.“
„Aber die anderen haben doch auch so viele Haare. Die sind nur ein klein bisschen heller.“
„Aber nicht überall ...“
...



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