Sonntag, 26. August 2012

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1495

Warum soll man Gewohntes ändern? Weil "man" sich auch ans Ändern gewöhnte?
Diesmal jedenfalls ist alles "klassisch": Start mit den morgigen "Gedichten des Tages" und dann eine weitere SF-Projekt-Fortsetzung:


Für Liebesgedichte bin ich sicher nicht Spezialist. Gunda Jaron hat da auch ihre Eigenart: Es guckt meist ein alles wieder kippendes Aber um die letzte Ecke. Ob das auch in der "Luftpost" steckt?
Vorsorglich biete ich ihr also ein "duett am morgen" als Antwort ... oder lieber nicht?

Slov ant Gali / Gunda Jaron:   

                Ich wurde Gott (155)


Immer wieder beschäftigte mich der Gedanke dieses 300 zu 3000. Zumindest für die Saks, die sich direkt unter den Schutz meiner Stadtmauern gestellt hatten, traf das Verhältnis zu. Dunkel erinnerte ich mich an eines meiner Geschichtsbücher zur älteren Menschheitsgeschichte. Waren nicht die Zeiten nach Kriegen jene mit einem besonderen Schub in der Gleichberechtigung gewesen? Weil aus reiner Not heraus die Frauen auch Männerarbeiten erledigen mussten? Praktisch war das bei meinem Volk mit einer interessanten Zusatzaufgabe verbunden: Die Männeraufgabe bei den Bauern hier hieß überwiegend Feldarbeit. Wenn die von Frauen erledigt würde, wer kümmerte sich dann um die bisherige Frauenarbeit, besonders also um die Kinder? Ohne mein Eingreifen wären die wahrscheinlich überwiegend sich selbst überlassen gewesen. Nach dem Motto „So geht es ja auch“. Aber so hatte ich ein gutes Argument, an die winterliche Stadtschulpflicht ein Sommerschulprogramm anzuhängen. Das wäre zwar nicht Schule im engen Unterrichtssinn, aber im Sinn des in meiner Jugendzeit praktizierten Learning by Playing. Einige besonders abstrakte Fächer waren noch verzichtbar. Aber die Großen würden es trotzdem schwer haben. Sie alle mussten sich darauf einstellen, als Lehrer oder meinetwegen „lehrende Aufsichtspersonen“ eingesetzt zu werden. Ganz nebenbei mussten sie das notwendige Wissen erwerben und die Fähigkeiten, es angemessen weiterzugeben. Insgesamt ging es um mindestens viertausend Kinder. Dass sie in diesem Prozess alle Hauptrollen haben würden, musste ich zuerst meinen schon etwas vorgebildeten vierzig Mädchen klarmachen. Und sie sollten sich rechtzeitig Helfer und den Helfern wieder Helfer suchen. Schließlich verloren Gruppen mit mehr als 12 Kinder ihren Lernfreudewert – ganz davon abgesehen, dass sie die jungen Erzieher nicht überblickten.
Mit einem gut gestreuten Gerücht weckte ich, lange bevor es losging, das Interesse der Kinder: Die Gruppen, so sprach sich herum, würden alle eigene Felder haben und anbauen und ernten und sie würden viel ernten und es würde ein Spiel sein, weil ihnen die Monster helfen würden.
Und dann war endlich Frühlingsfest. Höchststimmung. Ich hielt eine stürmische Rede. Ich fürchte, zwei Drittel dessen, was ich da gesagt habe, kam inhaltlich nicht richtig rüber, von wegen Frauen, die jetzt ihren Mann stehen würden, aber die Begeisterung in meiner Stimme steckte an und die Lautsprecher waren so eingestellt, dass einfach alle zuhören mussten. Eigentlich konnten mir die wenigen Männer fast leid tun – an diesem Abend waren sie bis zur Erschöpfung gefordert.
Am nächsten Morgen brach die Sonne sehr früh durch den Morgennebel – wie bestellt. Ein langer Festzug verließ die Stadt. Oder sollte ich Treck sagen? Die meisten künftigen Siedlungen würden sich erst in einiger Entfernung vom Stadttor trennen. Im Moment genossen sie die Ausstattung, die ihnen unbekannterweise meine Replikatoren ermöglicht hatten. Die Hoffnung, satt über den Sommer zu kommen, überbrückte die Wehmut, die eigenen Kinder nur als gelegentliche Besucher zu sehen zu bekommen. ...




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