Montag, 27. August 2012

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1496

Oh, die "Gedichte des Tages" stehen diesmal unter dem Motto "Liebe?! Jaaaaa ..., aber ..."


Es gibt verschiedene Methoden, ein wirksames Gedicht zu bauen. Eine ist, ein Klischee zu nutzen, es am Grat entlangbalancieren zu lassen ... und dann das nach Klischee zu Erwartende umzukehren, die scheinbar aufgebaute (z. B. süßliche) Stimmung zu brechen. Eine Meisterin dieser Methode ist sicherGunda Jaron. Mit "Wir im Meer" liefert sie ein weiteres Beispiel. Die Gefahr der Methode: Der Kenner erwartet nach einer Weile stets die unerwartete Wendung am Schluss ...
Mit welchem Alt-Bonbon könnte das eine hier runde Sache werden? Ich schlage "liebe ist quatsch" vor ... das Motto ist natürlich von bitterem Ernst ...


Dann folgt die nächste Fortsetzung des Romanprojekts ... ohne Motto:


Slov ant Gali / Gunda Jaron:   

                Ich wurde Gott (156)


... Beklemmungen … Mit dem Abzug der meisten Erwachsenen blieb eine Republik der Kinder übrig. Die Zeit der Mutproben begann. War es nicht schon eine Mutprobe für sich, sich jenem überdimensionalen Gebilde aus kaltem Metall überhaupt zu nähern? Es gar zu berühren? Hätte es nicht schon einige große Mädchen und junge Frauen gegeben, die da einfach hochstiegen, irgendwohin griffen und dann brummte und vibrierte solch ein Wesen und bewegte sich wie ein Tier ... Aber die Mädchen da oben brachten es mit ähnlichen Griffen auch wieder zum Stehen und Schweigen, leichter als jedes störrische Reittier!
Es dauerte lange, bis wenigstens ein paar Kinder erste technische Zusammenhänge zu verstehen begannen, sie sich mit dem Gedanken anfreundeten, dass hier nichts mit Zauberei oder so zu tun hatte. Aber da war es längst eine große Auszeichnung, selbst auf so etwas zu sitzen. Trotzdem gab es inzwischen Jungen, die versteckten ihre Angst hinter der Formel, das sei etwas für Mädchen.
Immerhin gab es schon nach zwei Wochen ein riesiges Feld, das durch die Arbeit der Kinder maschinell umgegraben worden war. Lange Furchen durchzogen es. Eine Woche danach war Getreide ausgesät. Es wurde aber noch viel mehr ausgesät, Pflanzen, die die Kinder noch nicht kannten. Andere wurden als Pflänzchen in die Erde eingebracht. Bei der Masse an Wundern, die den Kindern fast stündlich begegnete, übersahen sie glücklicherweise das eine große: Woher die vielen Pflänzchen und Körner kamen.

Ich könnte dir bestimmt tagelang Anekdoten erzählen, was allein in diesen ersten drei Wochen alles passierte. Ich hatte einen Anbauplan vorbereitet, der ganze fünf Wochen Bodenbearbeitung vorsah. Und so nebenbei bekamen die einzelnen Gruppen Verantwortung für ein Stück Feld, einzelne Beete, bestimmte Pflanzen. Und weil alles so groß war und so dicht beieinander, musste alles beschriftet werden … und plötzlich erschloss sich der Sinn von etwas Unheimlichem, geheimen Zeichen, die Buchstaben hießen und die halfen, an eine Sache erinnert zu werden, ohne dass man direkt davon erzählte oder sie sah. Andere lasen beim selben Zeichen denselben Buchstaben, verbanden damit dieselben Wörter, dieselbe Bedeutung.
Wie im Märchen. Ich strich durch die vielen Unterrichtsräume und draußen von Gruppe zu Gruppe, und es war viel spannender als eine Schlacht zu leiten, bei der nachher die meisten der Beteiligten nicht mehr lebten. Was würden das für Wesen werden, die das hier alles überstanden? Es war faszinierend. Ende ungewiss. Nur eines war sicher: Solche Saks wie die seit unzähligen Generationen bisher wären es wohl nicht. ...



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