Heute werden zwei Gedichte zusammengesperrt, die wohl äußere Pole bezeichnen, nicht zusammenpassen. Das betrifft den Inhalt - der eine ein ernsthafter Gedanke zur Einstellung zur Friedenstat, bei der CITA-Lesung am 1.9.2012 besonders beklatscht, der andere wohl eine nicht auf Tiefsinn ausgerichtete Mori-Untat - als auch die Form - paarig gereimt und frei - als auch die Länge - zwischen kürzer ist schwer und viiiel Text. Aber genau darum geht es ja hier. Also im Angebot:
"Unschuldsblick" und
Slov ant Gali / Gunda Jaron:
Ich wurde Gott (164)
Offener
Streit war bei den Kindern auch zu früherer Zeit schon seltener als
für mich gewohnt. Wenn sie sich zankten, gab es dafür nur einen
wichtigen Grund: Die Eifersüchteleien um besonders beliebte
Erwachsene. Ansonsten ließe sich dieser Winter leicht
zusammenfassen: Liebe und Lernen oder Lernen und Liebe. Jeweils in
verschiedenen Formen, aber überwiegend so harmonisch, dass ich mir
am Ziel aller Wünsche vorkam und dachte, so könnte es ewig
weitergehen. Bei meinen regelmäßigen Schaltungen zum Chruster
Double kam ich mir vor wie in einem wunderschönen Albtraum: Albtraum
wegen der Ränkespiele, aus denen ich mein Ich herauswinden musste,
wunderschön, weil ich in jeder Sekunde dieses Traums fühlte, dass
das nicht nur weit weg war, sondern sich nach Belieben abschalten
ließ.
Als
der Frühling sich näherte, teilte ich zum ersten Mal die
Empfindungen meiner Saks: Eine begierige Erwartung, dass es bald
losginge, endlich raus aus der Höhle, endlich wieder all die tollen
Dinge tun, an die noch unterschiedlich vage Erinnerungen in einem
schlummerten, aber überall nur angenehme …
Der
Winter war in jeder Hinsicht so unspektakulär verlaufen wie die
Ernte davor bei allen ungewöhnlich reich ausgefallen war. So sah ich
keine Veranlassung für eine spontane Rettungsaktion irgendwelcher
Höhlenbewohner wie zwei Jahre zuvor. Und ich hatte inzwischen selbst
die größte Familie, die ich je gehabt hatte. Verantwortung für
4000 Kinder und junge Erwachsene und jene wenigen Älteren, die
diesmal in den Stadthäusern Winterzuflucht gefunden hatten. Letztere
wollten in der Nähe ihre Siedlungen bauen und dabei an den Mysterien
teilhaben, die ich den Kindern vermittelte. Sie wollten diesmal sogar
selbst festere Häuser draußen bauen und … und … und …
Es
war schon viele Jahre her, dass ich mit solchem Überschwang an eine
Sache herangegangen war. Vielleicht hatte ich mich auch noch nicht an
dieses etwas längere Jahr gewöhnt. Manchmal können einem die vier
Jahreszeiten sehr lang vorkommen, wenn sie aus je vier Monaten von
vier mal acht Tagen anstatt aus drei Monaten von etwa 30 Tagen
bestehen.
Wir
veranstalteten ein großes Fest, das alles überbot, was die
Saks-Kinder aus ihrer Tradition her kannten. Ganz planmäßig nach
diesem Tag des Warmen Lichts rückten wir aus. Tausende kleine Saks,
ausgerüstet mit Saatgut, stürmten aus dem Stadttor. Welch
Begeisterung: Der Boden war schon aufgelockert. Es waren nur noch
wenige Furchen zu ziehen. Die Kinder hatten Karten bei sich, auf
denen die Flecken eingezeichnet waren, für die sie in dieser Saison
verantwortlich sein sollten. Es waren andere als im letzten Jahr und
die wilde Wissenschaft eigentlich nicht nötig, aber ein Spiel, an
dem sich die Kinder mit Begeisterung beteiligten.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen