Dienstag, 4. September 2012

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1504

Wieder normal: Zuerst die Gedichte des Tages" von morgen und dann eine nächste Fortsetzung des utopischen Romanprojekts:


Heute werden zwei Gedichte zusammengesperrt, die wohl äußere Pole bezeichnen, nicht zusammenpassen. Das betrifft den Inhalt - der eine ein ernsthafter Gedanke zur Einstellung zur Friedenstat, bei der CITA-Lesung am 1.9.2012 besonders beklatscht, der andere wohl eine nicht auf Tiefsinn ausgerichtete Mori-Untat - als auch die Form - paarig gereimt und frei - als auch die Länge - zwischen kürzer ist schwer und viiiel Text. Aber genau darum geht es ja hier. Also im Angebot:




Slov ant Gali / Gunda Jaron:   

                Ich wurde Gott (164)




Offener Streit war bei den Kindern auch zu früherer Zeit schon seltener als für mich gewohnt. Wenn sie sich zankten, gab es dafür nur einen wichtigen Grund: Die Eifersüchteleien um besonders beliebte Erwachsene. Ansonsten ließe sich dieser Winter leicht zusammenfassen: Liebe und Lernen oder Lernen und Liebe. Jeweils in verschiedenen Formen, aber überwiegend so harmonisch, dass ich mir am Ziel aller Wünsche vorkam und dachte, so könnte es ewig weitergehen. Bei meinen regelmäßigen Schaltungen zum Chruster Double kam ich mir vor wie in einem wunderschönen Albtraum: Albtraum wegen der Ränkespiele, aus denen ich mein Ich herauswinden musste, wunderschön, weil ich in jeder Sekunde dieses Traums fühlte, dass das nicht nur weit weg war, sondern sich nach Belieben abschalten ließ.
Als der Frühling sich näherte, teilte ich zum ersten Mal die Empfindungen meiner Saks: Eine begierige Erwartung, dass es bald losginge, endlich raus aus der Höhle, endlich wieder all die tollen Dinge tun, an die noch unterschiedlich vage Erinnerungen in einem schlummerten, aber überall nur angenehme …
Der Winter war in jeder Hinsicht so unspektakulär verlaufen wie die Ernte davor bei allen ungewöhnlich reich ausgefallen war. So sah ich keine Veranlassung für eine spontane Rettungsaktion irgendwelcher Höhlenbewohner wie zwei Jahre zuvor. Und ich hatte inzwischen selbst die größte Familie, die ich je gehabt hatte. Verantwortung für 4000 Kinder und junge Erwachsene und jene wenigen Älteren, die diesmal in den Stadthäusern Winterzuflucht gefunden hatten. Letztere wollten in der Nähe ihre Siedlungen bauen und dabei an den Mysterien teilhaben, die ich den Kindern vermittelte. Sie wollten diesmal sogar selbst festere Häuser draußen bauen und … und … und …
Es war schon viele Jahre her, dass ich mit solchem Überschwang an eine Sache herangegangen war. Vielleicht hatte ich mich auch noch nicht an dieses etwas längere Jahr gewöhnt. Manchmal können einem die vier Jahreszeiten sehr lang vorkommen, wenn sie aus je vier Monaten von vier mal acht Tagen anstatt aus drei Monaten von etwa 30 Tagen bestehen.
Wir veranstalteten ein großes Fest, das alles überbot, was die Saks-Kinder aus ihrer Tradition her kannten. Ganz planmäßig nach diesem Tag des Warmen Lichts rückten wir aus. Tausende kleine Saks, ausgerüstet mit Saatgut, stürmten aus dem Stadttor. Welch Begeisterung: Der Boden war schon aufgelockert. Es waren nur noch wenige Furchen zu ziehen. Die Kinder hatten Karten bei sich, auf denen die Flecken eingezeichnet waren, für die sie in dieser Saison verantwortlich sein sollten. Es waren andere als im letzten Jahr und die wilde Wissenschaft eigentlich nicht nötig, aber ein Spiel, an dem sich die Kinder mit Begeisterung beteiligten.

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