Donnerstag, 6. September 2012

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1506

Hat man mit über 50 noch ... Also ich erinnere mich noch daran, dass "Mit Blindenhund durchs Liebesland" mit der Intension zusammengetragen wurde, den männlichen Blick auf die Liebe im fortgeschritteneren Alter zu zeichnen. Bei den "Gedichten des Tages" versucht es Gunda Jaron mit dem weiblichen:


Wer hat nicht schon irgendwo das berühmte Kribbeln im Bauch for dem ersten Mal, der ersten Begegnung beschrieben gelesen? Entschieden seltener findet man das bedichtet, wenn das lyrische (weibliche) Ich auf "mehr als 50 Jahreszeugen ... jedenfalls" zurückblickt. In einer Welt von Jugend- und Schönheitswahn muss Gunda Jarons LI zugerufen werden: Ja, schön ... selbstverständlich! "Und sie ist ... so wie sie ist" ... was dann wohl mehr als das Äußere meint ...
Da passt mein "Lormen (3)" nur auf sehr verschlungenem um-die-Ecke-gedacht-Weg dazu. Aber ... ist es denn Voraussetzung, einen anderen sanft zu berühren, dass der jung und makellos ist?!


Freds Blick, mit dem Buch 1 des SF-Romanprojekt erzählt wird, ist ein dauerhaft männlicher:


Slov ant Gali / Gunda Jaron:   

                Ich wurde Gott (166)


... Glücklicherweise hatten einige der Erwachsenen, aber auch ein paar der großen Kinder früher einmal einen solchen Schwarm wenigstens schon von weitem gesehen. Ich hatte sogar selbst Erzählungen darüber gehört, aber offen gesagt für eine der Saks-Legenden gehalten. Der panische Schrecken, mit dem die Ersten alles stehen und liegen ließen, als sie die Wolke in vielen hundert Metern Entfernung erkannten, war aber ansteckend.
Zum Glück versuchte ich nicht, die Flucht zu bremsen. So brachten wir uns alle in Sicherheit. Vom Weg auf der Stadtmauer aus verfolgten wir mit Entsetzen, wie die Wolke unsere Felder erreichte. Die Tiere bewegten sich so dicht beieinander, dass wir keine einzelnen erkennen konnten. Ich wagte es nicht, mich von meinen Kindern in den Monitorraum zu entfernen … und ich hielt es auch nicht für erforderlich. Wir litten und trauerten als große Gemeinschaft aneinander gedrängt. Wofür wir so viel Mühe aufgewandt hatten, es war in Minuten vernichtet.
Schließlich näherte sich die Wolke der Stadt. Was dann geschah, kann man schlecht jemandem erzählen, der so etwas noch nicht gesehen hat. Zwar prallte die Masse der Kutisi gegen die Mauer und drehte ab. Ein Teil von ihnen aber erwischte eine höhere Flugbahn hinein in die Stadt. Die Tiere bildeten augenblicklich einen eigenen kleinen Schwarm. Es begann ein fürchterliches Gemetzel. Erst am Abend hatten wir uns endlich durchgesetzt. Mehrere Kinder wurden verletzt, einige Pflanzen erkannte man nicht mehr wieder … aber insgesamt ging alles glimpflich ab. Die Zahl der Kutisi in der Stadt war klein genug geblieben, um sie einfach zu erschlagen. Dort, wo sie den Saks-Kindern nahe kamen, entbrannten allerdings harte Kämpfe. Sie schienen lebende Beute zu riechen, denn wie magnetisch angezogen ballten sich die Angreifer, bissen sich in ihrer Beute fest, fielen mit abgebissenen Happen zu Boden. Da waren jene Kinder gut dran, die sich aus Spezialstoffen der Erde replizierte Sachen übergestreift hatten. Alle Naturstoffe zerrissen die Fressmonster.
Bis zum nächsten Morgen gab es genug zu tun. Wunden versorgen, Kinder neu einkleiden. Endlich auch etwas schlafen.
Dann kam der nächste Tag. Im Wesentlichen waren alle Kutisi weiter gezogen. Sie waren verschwunden wie ein gut erzählter Spuk in der Nacht. Nur hatten sie einen Streifen von etwa der halben Breite unserer Anbaufläche hinterlassen. Der war absolut nackt. Nicht die kleinste Andeutung eines Korns oder gar eines Pflänzchens war zurückgeblieben. Was wäre das ohne Replikatoren für eine Katastrophe gewesen! Schon so musste ich die Trauer der vielen Kinder mit allerlei Kunststückchen mindern. Immerhin war das die Basis für eine wichtige Lektion.
Ich erklärte den Kindern Offensichtliches: Die Kinder, die ihre Beete und Feldstückchen gerade dort gehabt hatten, wo jetzt rein gar nichts mehr war, konnten absolut nichts für diesen Zufall. Musste man ihnen nicht helfen? Es hätte so leicht anders kommen können. Man war erst ein würdiges Wesen, wenn man sein eigenes Überleben nicht auf dem Tod der Betroffenen gründete. ...



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