Wo eine Regel ist, sind auch die Ausnahmen. Das gilt auch für Gunda Jarons Gedichte. Wer sich allzu sehr in ihre Schwenks ins Gegenteil veliebt hat, muss dann feststellen, dass sie mitunter auch "nur" am "Korsett" der Konvention zerrt ... "Im Verhältnis ..."
Kann man sich selbst als Zahnbürste und -pasta des Partners in einem empfinden? Wenn nein, geht "Am Ende einer Ehe" natürlich nicht als Gedicht ...
Slov ant Gali: Der lebende See (3)
Aber die Zeit verging im Gleichklang
der Eindrücke. Ich war bald wieder so gekräftigt, dass ich auf
eigenen Beinen durch die Siedlung laufen konnte. Von wegen Siedlung
... Für irdische Vorstellungen hatte ich bisher nur tropische
Wetterverhältnisse erlebt. Der Tagesrhythmus wurde von regelmäßig
in der Nachmittagszeit einsetzenden Regengüssen bestimmt. Sie
schienen immer gleich lange zu dauern und von der Abendsonne abgelöst
zu werden. Der Wind trieb diesen Regen stets schräg von einer Seite
vor sich her. Dem hatten sich die Hütten angepasst. Sie bestanden
nur aus einem einseitigen Schrägdachgeflecht. Der Weg durch die
Siedlung führte im rechten Winkel an den Schrägen vorbei. Ungeniert
schauten die Bewohner um die Ecke. Hätten ihre Köpfe geleuchtet …
Also zumindest eine gewisse Ähnlichkeit hatten sie mit riesigen
Lampions, die böse Geister am Näherkommen hindern sollten.
Wer mag schon gern gemustert werden?
Ganz abgesehen davon fühlte ich mich lächerlich. Die hier bekannte
Kleidung war ein kaum bearbeitetes Naturprodukt. Ein Farnen ähnliches
Gewächs wurde zu einem Umhang geflochten, wenn man sich denn
bekleiden wollte. Nun war die Länge der Farne gut für die Maße der
Schla - bei mir endeten die längsten Exemplare weit oberhalb der
Knie. Immerhin drapierte Wroohn bei den ersten Spaziergängen meinen
linken Arm geschickt auf ihren Schultern. Es war das erste Mal, dass
mir die Berührung des Mädchens Sicherheit gab. Mir ging durch den
Kopf, dass den Schla ihre Proportionen schön vorkommen mochten, ihre
Augen, ihre für mein Empfinden übergroßen Facettenaugen in einem
zu großen Gesicht ihr Ideal der Schönheit sein mochten. Dann war
ich also ein abschreckend hässliches Riesenmonster und meine kleine
Wroohn bekannte sich trotzdem tapfer zu mir!
Eigentlich … Nein, es war nicht ein
konkretes Erlebnis. Es war die Kraft der vergehenden Zeit, dass der
Anblick der Schla allmählich das Abstoßende verlor. Ich konnte
inzwischen in Wroohns Gesichtszügen lesen. Ich erkannte Trauer,
Freude, Enttäuschung und Zärtlichkeit. Und manchmal konnte ich sie
auch schon zärtlich ansehen. Ob sie das erkannte? Ich fragte sie
natürlich nicht, denn dann hätte ich ja eingestehen müssen, sie
zuvor angewidert angesehen zu haben, und das musste sie nicht wissen.
Das Leben der Schla verlief sehr
eintönig. Manchmal überlegte ich, ob ich in ein permanentes
Gelächter der Evolution hineingeraten war. Ich hatte vielleicht drei
Monate in dieser Gemeinschaft verbracht und noch immer nichts
entdeckt, was ich mit dem Wort „Feind“ in Verbindung gebracht
hätte. Also es schien außer denen aus dieser Siedlung keine anderen
Schla zu geben, aber auch kein Tier, das die Schla gejagt hätte oder
das die Schla hätten jagen wollen und können. Ihre Nahrung bestand
aus einer großen Zahl von Pflanzen. Zum Beispiel dieses nicht
unbedingt angenehme Zeug, aus dem Kleidung und Hütten waren. Das war
der faserige Teil jener Pflanze, deren milchiges Fleisch gern
verzehrt wurde. Bei manchen Pflanzen wurden die Früchte gegessen,
frisch, zu Brei verarbeitet oder mit etwas Saurem haltbar gemacht.
Tiere, die die Früchte fraßen und dabei den Samen verbreiteten,
fehlten. Aber die Evolution brachte doch nur laufende Anpassungen
hervor! Also die Pflanzen passten sich durch Früchte an die Umwelt
an, indem sie etwas für Tiere Verlockendes an sich entwickelten, mit
dem sie sich selbst an jenen Stellen vermehren konnten, wohin sie
sich selbst nicht zu bewegen vermochten. Für wen sollten sich ohne
Tiere also die Früchte entwickelt haben?
Und sich selbst bewegende Pflanzen gab
es offenbar auch nicht. Allein einige niedliche Insekten kamen als
Bestäuber in Betracht. Meist Libellen Dass sich keine Stechmücken
entwickelt hatten, war dagegen völlig logisch: Welches Tier hätten
sie denn stechen sollen? Und für die wenigen Schla ...
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