Freitag, 21. September 2012

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1521

So sehr man damit hätte rechnen können: Die Fortsetzung der Sakur-Saga folgt noch nicht, sondern erst einmal die SF-Erzählung "Der lebende See". Keine Sorge: Motive aus dem einen Text werden im anderen auf ... andere Weise behandelt ...
Zuerst aber die "Gedichte des Tages" für morgen:



Mit "selbst verloren" habe ich ein Wagnis unternommen. Ist nach der Bearbeitung, sprich: Kürzung, wirklich noch erkennbar, was ich mit dem Gedicht sagen möchte?
Wer immer "Memories" lesen mag und denken, das sei, oh Schreck, für sie, bedenke: Davor wars geschrieben und gedacht und danach sieht die Welt ja ach so anders aus ... (einen Zeilenbruch nur habe ich geändert ...)
Eigentlich stehe ich hinter beiden Liebesgedichten ...


.

Slov ant Gali: Der lebende See (1)



Erinnerung?
Nein. Eine Katastrophe, ja. Blitzlichter. Bilder ohne Davor und Danach.
Fürs Logbuch nicht verwendbar. Zu viele Lücken. Ich kann sie nicht füllen.
Sollten irgendwann Menschen auf Spuren unseres Untergangs, überhaupt erst einmal auf diesen Planeten stoßen, dann finden sie hoffentlich die Trümmer dieses Raumschiffs. Wenn sie die untersuchen, werden sie rekonstruieren, was wirklich passiert ist. Zum technischen Versagen hätte ich sowieso fast nichts schreiben können. … selbst wenn ich das Logbuch noch fände. Wahrscheinlich traf mich bereits beim Eintritt in die Atmosphäre ein Stoß, der mir das Bewusstsein nahm. Vielleicht hat mir genau das das Leben gerettet. Jedenfalls weiß ich nicht, was die Anderen unternommen haben, bin aber sicher, dass sie nicht mehr am Leben sind. Mindestens einer von ihnen hat mich offenbar gerettet. Bei den ersten Bildern in meiner Erinnerung renne ich wie ein Wahnsinniger. Mein Raumanzug steht in Flammen und die Hitze dringt durch und im Laufen versuche ich, mich auszuziehen, das Feuer abzustreifen. Wie ich auf die Idee kam, hinter mir gäbe es gleich eine Explosion und ich würde nur überleben, wenn ich dann weit genug weg wäre, weiß ich nicht. Auf keinem dieser Erinnerungsbilder trägt oder stützt mich jemand, aber allein kann ich nicht aus dem Raumschiff herausgekommen sein. Ich habe ja eben gerade erst entdeckt, dass das Raumschiff nicht im Orbit geblieben ist, also keine Landekapsel eingesetzt worden ist. Alle heimliche Hoffnung auf schnelle Rettung war also von Anfang an unbegründet. Ich bin doch aber nur ein Mensch mit Hoffnungen bis zum Schluss, auch wenn es unwahrscheinlich ist, dass man noch nach uns sucht und wenigstens andere Erkunder so rechtzeitig auf diesen Planeten stoßen, dass diese Aufzeichnungen noch gelesen werden können. Ich weiß ja nicht einmal, ob meine Sprache wirklich aufgezeichnet wird, weil keine Wiedergabe möglich ist. Nur der kleine Monitor zeigt Kurven, als sei alles in Ordnung. Sonst ist fast alles zertrümmert. Die Wunderwerke menschlicher Technik sind Schrott, vor allem Elektronikschrott. Vielleicht finden mich gleich die Schla. Und vielleicht vernichten sie alle meine Spuren, die die künftige Harmonie ihrer Gemeinschaft stören könnten.
Dabei …
Wäre es nicht so unwahrscheinlich, … Also ich bin über eine Wiese gerannt. Hinter mir eine Explosion. Wahnsinnige Schmerzen, als ob ich bis auf die Knochen glühen würde. Im ununterbrochenen Rennen, Stolpern, Hinfallen, wieder Aufstehen, Rennen muss ich mir den Schutzanzug heruntergerissen haben und die Unterkleidung gleich mit. Es fühlte sich an, als schälte ich mir die eigene Haut ab. Vielleicht bin ich auch danach noch weiter gelaufen. Aber vor schreiendem Schmerz verlor ich wieder das Bewusstsein.
Dann war da die Vorstellung, ich sei ein Fisch mit glühenden Schuppen, Versunken in Schmerz. Riesige Facettenaugen, die mich anstarrten, mich etwas zu fragen schienen, wovor mich aber die immer wieder schnell einsetzende Bewusstlosigkeit schützte.
Irgendwann hatte ich endlich das Gefühl, ich wachte aus diesen Albträumen auf. Nein. Ich merkte ja, ich lag weich und hatte wirklich geschlafen und nun war es Zeit, richtig aufzuwachen.
Angst. Nur nicht die Augen öffnen. Warum nur war ich so sicher, ich wäre erblindet? Diese Blitze, die Hitze, das war so furchtbar echt. Und etwas stimmte mit meiner Haut nicht. Sie juckte etwas und … sie musste verbrannt sein! Noch immer mit fest geschlossenen Augen begann ich Finger zu bewegen, die Füße, die Arme, die Knie anzuwinkeln. Hatte ich vielleicht doch geträumt? Keine der Bewegungen bereitete mir Schmerzen. Es war nur komisch an der Haut. Als wäre ich in ein Nachthemd aus Seilen eingewickelt.
In diesem Moment drangen Lichtstrahlen an die geschlossenen Augen. Ganz kurz nur. Danach hatte ich den Eindruck, es wäre jemand neben mir. Genauer, es schienen zwei Jemande zu sein. Warum schwiegen sie mich an? Ich würde den Augenblick nicht endlos dehnen können und die Augen öffnen müssen. ...



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Follower