Fast hätte ich es nicht beachtet: Mensch, Slov, das ist doch Herbst, was da draußen lacht!
Na, ein Glück, dass sich da einer der liebsten Menschen, die mir je begegnet sind, einen Stubser verpasst hat. Also ein besonderer Gruß heute für alle die, die ihre heimische Sauberkeit so richtig zelebrieren können: "Herbstputz?!" ...
Na, wenn schon Herbst, dann auch ein wenig mit so richtig herbstlicher Lürick - beginnen wir also mit einem "Sommerausklangsblick" ...
Slov ant Gali: Der lebende See (6)
... Wroohn
regelte alles, was es den Riten ihrer Gemeinschaft entsprechend zu
regeln gab. Das war mir sehr recht, auch, dass sie ständig neben mir
sein würde. So konnte ich nichts falsch machen. Sie trug auch die
Sachen für unsere beiden geflochtenen Körbe zusammen. Jeder aus der
Siedlung würde so einen Korb für den See mitbringen als Speisung
und Danksagung und Bitte um Schutz für die Unwägbarkeiten der
bevorstehenden Tage und Nächte. Neugierig sah ich mir an, was da
einem See zugedacht werden sollte. Lauter Pflanzen oder
Pflanzenprodukte, die im Leben der Schla wichtig waren, nichts
Kultisches.
Am großen Tag war es ungewöhnlich
laut in der Siedlung. Am Vormittag zogen mit bunt gefärbten Bändern
behängte Kinder den Weg entlang, jedes mit seinem Korb unterm Arm.
Wieder etwas Neues. Selbst Wroohnis Feierkleid war schlicht hellgrau
und ohne Schmuck. Am Siedlungsausgang sammelten sich die Kleinen. Die
Erwachsenen folgten ihnen gemessenen Schrittes. Da schon fast alle
sich eingeordnet hatten in den Zug, fiel es mir schwer, mich
zurückzuhalten. Wroohn hatte nämlich erklärt, es werde streng nach
Rang der Personen zum See gezogen, mit dem niedrigsten beginnend,
woran dieser auch immer bemessen wurde. Warum sollte nur die
Gemeindevorsteherin noch hinter uns schreiten? Sie hatte zumindest
die Ehre von sechs quicklebendigen Kindern als Zeichen des
Wohlwollens des Sees. Weshalb wir uns fast als Letzte einreihen
sollen, erschloss sich mir nicht. Vielleicht lag es daran, dass man
mir als Fremdling damit eine besondere Ehre erweisen wollte.
Endlich ging es für uns beide los. Es
war ein langer Zug. Als Vorletzter zu laufen, ohne das Ziel zu
kennen, hatte Nachteile. Dass ich alle Schla wesentlich überragte,
glich dies nicht ganz aus. Außerdem ... Bald war die Zeit heran für
den Nachmittagsguss. Nicht gerade wünschenswert, ihn im Freien zu
ertragen. Das schien keinen Schla zu interessieren. Wir waren über
mehrere Hügel gepilgert. Die Strahlen der hiesigen Sonne brannten
auf mich herab, dass ich fast schon den Guss herbeisehnte. Einzig,
dass die Kinder vorn das Tempo vorgaben und die Beine aller
Erwachsenen deutlich kürzer waren als meine, zwang mich zur
Beherrschung.
Und wieder ein Hügel. Oben jedoch
öffnete sich dann ein faszinierender Ausblick. Weites Land. Eine
Savannenlandschaft. Und endlich das Ziel. Und ich war enttäuscht.
Unser Ziel war tatsächlich … ein See. Eigentlich hätte ich sogar
eher Tümpel gesagt. Fast wäre mir jede Feierlichkeit abhanden
gekommen. Sollten alle Schla in dieses Wasser hinein, dann träte es
mit Sicherheit über seine Ufer. Und bald röche jeder wie sein
Nebenmann.
Doch es kam anders. Mit überraschender
Disziplin teilte sich der Zug im Reißverschlussverfahren. Ein Teil
der Kinder umging den See rechts, der andere links. Das setzte sich
fort, bis Wroohn und ich das Ufer erreicht hatten.
Hinter uns sang die Vorsteherin. Nach
jedem Satz echote die ganze Gemeinschaft das letzte Wort. Magisch
wirkte das Ganze. Immerhin verstand ich inzwischen fast alles. So
begriff ich, dass es um uns beide ging, dass der See um Zustimmung
für unsere Verbindung gebeten wurde. Dazu warfen nacheinander alle
Schla ihre Körbe ins Wasser. Nur wir hielten sie noch in den Händen,
denn die Vorsteherin hatte ihren Korb über meinen Kopf
hinweggeschleudert. Viele Blasen stiegen auf. Die Vorsteherin sang
etwas von großer Weisheit und dass wir dieses Wasser des Lebens
durchschreiten sollten. Wroohn flüsterte mir zu: „Wir müssen
unsere beiden Körbe in der Mitte des Sees ablegen.“ Am Ende würden
wir laufend in fremde Körbe treten und voll Faulgase sein! Na,
danke! ...
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