Die Qualität einer Gemeinschaft ist an ihrer Art zu erkennen, wie sie mit ihren schwächsten Mitgliedern umgeht. Immer steht zuerst die Frage, den Anderen, den weniger stark Angepassten, anzunehmen, Solidarität zu zeigen, gemeinsame Wege zu finden, jedem Menschen ein selbstbestimmtes würdiges Leben zu ermöglichen.
Die hier erstmal vorgestellten Gedichte sollen nicht ein Krankheitsbild zeigen oder medizinisch sein.
In Deutschland gibt es viele Zehntausende Taubblinde. Als eigenes Behinderungsbild werden sie nicht erfasst, juristisch gibt es eine solche Behinderung nicht.
SF-Romane bedienen ja auch irgendwie "Randgruppen":
Slov ant Gali / Gunda Jaron:
Ich wurde Gott (165)
... Zumindest
für die Kinder stand eine Premiere bevor: Diesmal konnten sie
erstmals die Ergebnisse ihrer Vorjahresarbeit in den Boden
einbringen. Sie übergaben sich dazu gegenseitig ihre Beete und
Ernten. So wollte ich verhindern, dass sich durch Zufälle
Superbauernkinder entwickelten, die dann Macht über andere gewonnen
hätten. Ich hoffte im Gegenteil, dass ein Gefühl für eine größere
Gemeinschaft reifen könnte. Die unmittelbare Verantwortung wäre
zwar auf neue Beete gerichtet, aber zumindest Neugierde auf das, was
auf den vorigen entstände und wie sich das eigene Saatgut
entwickelte, würde bleiben. Was immer geerntet würde, es könnte
als Erfolg einer Gemeinschaft erlebt werden.
An
den ersten Tagen kamen wir gut voran. Am liebsten wären die Kinder
nachts noch auf den Feldern geblieben, obwohl ich ihnen erklärt
hatte, dass die Kamuvögel da garantiert keine Körner wegfräßen.
Aber
dann …
Wäre
ich doch nur wirklich ein Gott gewesen! Dann hätte ich den Winden
einen anderen Weg befohlen. Aber ausgerechnet an jenen Tagen, an
denen die Keime die Körner verließen, drehte der Wind und eine
trockene Kälte machte sich breit. Temperaturen unter minus 20 Grad
zu einer Zeit, wo eher 20 Plusgrade wahrscheinlich waren. Wenn es
wenigstens geschneit hätte! Ein Frostspaziergang verriet: Nach zwei
Nächten war der Boden steinhart. Ich musste davon ausgehen, dass
alles, was schon ein wenig an Pflanze erinnerte, erfroren war.
Später
erfuhr ich, dass fast alle intakten Siedlungen in ihren Höhlen
geblieben waren. Die Alten hatten das befohlen. Unter ihnen gab es so
etwas wie verstärkte Wetterfühligkeit. Eine umfangreiche, über das
ganze Land reichende Wetterbeobachtung hätte den Fehler auch
verhindert, aber sie existierte eben nicht.
In
diesen Wochen ging ein Großteil unserer selbst geschaffenen Vorräte
verloren. Nicht bei allen gelang es mir, sie heimlich durch frisch
repliziertes Saat- und Pflanzgut zu ersetzen.
Als
wir dann endlich – sechs Wochen später als vorgesehen – unsere
weithin sichtbar frisch begrünten Felder und Beete bewundern
konnten, geschah das nächste Unglück. Kutisi! Mir schien der Name
Wanderschrecken einleuchtend. Es waren seltsame Wesen. In der
Biologie meiner Erde hätten sie wohl keinen Platz gehabt. Sie
bestanden aus einem unverhältnismäßig großen Kopf mit einem
Geweih darauf, einem Käferleib, sechs Beinchen und angedeuteten
Flügeln. Diese Flügelchen reichten für eigene Flüge kaum aus und
die einzelnen handtellergroßen Tierchen wären bedauernswert und
niedlich gewesen. Aber die Kutisi traten in großen Schwärmen auf.
Am meisten half ihnen der Wind bei der Fortbewegung über weite
Strecken. Sie waren Allesfresser und vermehrten sich in einer jeder
Fressorgie folgenden Starrezeit. ...
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen