Wenn es in diesem Jahr zum 100. Jahrestag des Titanic-Untergangs eine Anthologie gegeben hätte, dann hätte Thomas Reichs "Spaziergang" darin einen Sonderplatz eingeräumt bekommen: Ist auch von Schiff und Untergang keine Rede, so ist doch eine Stimmung gegenwärtig, die irgendwie impliziert, es wird gleich etwas Anderes wirklich passieren, als der Autor tatsächlich beschreibt.
Ach ja ... "Lormen (6)" ... Irgendwann musste es ja passieren, dass die zwei, die sich da füreinander öffnen, sich auch eine erotische Ebene eröffnen ...
Slov ant Gali / Gunda Jaron:
Ich wurde Gott (169)
... Als
ich schon fast fertig war mit meinen geistigen Vorbereitungen, fiel
mir etwas Niederschmetterndes ein: In die Grundprogramme aller Robbis
war standardmäßig eine Sperre integriert, die ihnen bedingungslos
verbot, etwas zu tun, was Menschen schaden konnte. Ich hatte dies
einfach aus dem Auge verloren, weil meine Robbis sich im Kampf mit
den Saks bewährt hatten. So spitzfindig dies auch sein mochte,
besonders nachdem sich inzwischen erwiesen hatte, dass Menschen und
Saks sich ähnlich genug für eine genetische Vermischung waren, so
eindeutig war, dass auch alle meine modifizierten Robbis diese Sperre
enthielten. Sobald sie in diesen fremden Göttern also Menschen
erkannten, wäre ein Kampfeinsatz ausgeschlossen. Weißt du, es gab
vor meiner Zeit ganz intensive Diskussionen. Was ist, wenn ein Mensch
anderen Schaden zugefügt hatte und Robbis zu dessen Ergreifung
eingesetzt werden sollten? Wir hatten uns als Menschen letztlich
entschieden, keine Ausnahmen zuzulassen. Die eingesetzten Robbis
konnten sich notfalls für die sie anleitenden Menschen opfern, aber
sie durften auch dann keinem Menschen etwas antun.
Stundenlang
grübelte ich über den letzten Satz. Gab es keinen Weg, diese Sperre
zu umgehen? Indem die Robbis etwas taten, wovon sie nicht wussten,
dass es den Menschen schadete?
So
sehr ich auch nachdachte: Solange es um die Menge des verfügbaren
Wissens ging und logische Ketten, war jeder Standardrobbi den
Menschen weit überlegen und einen vorsätzlich dummen Robbi hatte
ich bisher noch nie repliziert.
Vielleicht
gab es noch eine andere Möglichkeit? Vielleicht. Aber mir fiel keine
ein.
Ich
versuchte mich noch an einer weiteren logischen Kette. Alle
Raumfahrer waren angehalten, nicht in die gesellschaftliche
Entwicklung von Intelligenzen einzugreifen, die ein deutlich
niedrigeres Niveau als das menschliche hatten. Eine solche
Entscheidung durfte nur die Versammlung aller interessierten Menschen
mit Zugang zum Weltnetz treffen. Es war auszuschließen, dass ein
anderer Mensch sich von hier aus ins irdische Kommunikationsnetz
eingeloggt haben könnte.
Warum
war ich mir eigentlich so sicher? Vorausgesetzt, die Götter gehörten
zu meiner ehemaligen Besatzung, dann hatte im Raumschiff auf jeden
Fall mehr funktioniert, als ich angenommen hatte, und länger. Mit
anderen Worten: Mit Sicherheit konnte ich gar nichts sagen. ...
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