Mittwoch, 8. Februar 2012

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1293


Sebastian Deya an der verschwimmenden Grenzlinie zwischen Lyrik und Aphorismus: "Zeitspiel" ... (Kann das sein, dass "Raum und Zeit" gerade eine besonders große Rolle spielt?)
Tja ... bei Liebe liegt die Poesie natürlich fast auf der Hand. Am meisten davon entfernt scheint dagegen die zahlenharte Mathematik. Mit "Womit man rechnen muss" versuche ich ihr poetische Rundungen anzudichten - ein zweites Kuckucks-(Uhr)-Ei ...


Also eines ist damit klar: Übermorgen steht "die Zeit" im Mittelpunkt der "Gedichte des Tages".
Die Zeit ist auch eine Kernfrage der SF-Erzählung. Dort haben wir allerdings eine "Endzeit"-Geschichte vor uns. Es folgt die nächste Fortsetzung:

Slov ant Gali: Liebe Kinder (4)

... Klick. Ab.
Unbewusst betrachtete Claudia die letzten Sätze ihres virtuellen Wortwechsels. Die waren alle so belanglos. Etwas, was sich vielleicht 15- oder 16jährige schrieben.
Noch immer keine Antwort. Das durfte jetzt nicht sein! Vielleicht hatte Martin etwas vom Bildschirm geholt, ihn vom Schreiben abgehalten. Angezeigt war, er war noch online. Er musste antworten. Unbedingt!
Mit theatralischer Geste schrieb sie – es sah sie ja keiner und diese Formel hatten sie früher angeblich alle so gebraucht:
Ich liebe dich!
Einen Moment noch starrte sie auf den Bildschirm, als müsste gleich die Schrift auftauchen Ich liebe dich auch oder, noch besser Ich liebe dich auch, Claudia.
Dann hatte Claudia das Gefühl, die ganze dreidimensionale Welt wurde ein Monitor und das Bild darauf wurde Pixel um Pixel grau und dann schwarz.
Etwa zehn Minuten später ging die Wohnungstür auf.
„Claudi, guck mal, was ich hier habe! Komm schnell!“ Sanne hielt abwartend einen geflochtenen Korb hoch. Erdbeeren. Richtige rot leuchtende Erdbeeren. Tim hielt es nicht aus. Er lief voraus, hinüber ins Wohnzimmer, entdeckte die – wie er glaubte – schlafende große Schwester am Computer – wo sonst – gab ihr einen kräftigen Stubs von der Seite und verwundert verfolgte er, wie der Körper nachgab, auf den Teppich sackte.
Nun war auch Sanne neben ihm. Nur undeutlich hörte er sie sagen, was er vage ahnte: „Unsere Claudia ist tot.“
Und als er lauter weinte: „Nein, Tim, du warst das nicht.“

(2)
Ich war so blöd. Was musste ich auch die Tür aufmachen, sie reinlassen?! Ich konnt es mir doch denken. Eine Bande war´s. Von wegen Beerdigungsinstitut … Es überleben nur Kinder. Die können sich nicht wehren und Institute gründen. Das lädt ein zum Überfall.
Nun bin ich die Beeren wieder los. Ungewaschen. Der Darm soll ihnen rausfallen, diesen Dieben. Wenigstens mit seinem Penis kann der Chef nichts mehr anfangen. Tat das gut. Klar hat er mir ins Gesicht geschlagen. Bin in die Ecke geflogen. Aber die Anderen haben über ihn gelacht. Komm lass, hat einer gesagt. Bestimmt der neue Boss. Sah echt gut aus das Blut, wie es sprudelte. Die Wohnung ist trotzdem leer. Bis auf das Bett eben. Wo jetzt die roten Tropfen die Farbe wechseln im Licht. Dunkel werden. Ich weiß das.
Ach, Tim, konntest du nicht still sein? So solltest du zugucken. Ein Extraspaß. Ist aber anders gelaufen ...
Und nun? Nix mehr da zum Verticken. Ob Monika noch Arbeit für mich hat? Tims Gruppe ist zu. Die alte Hilde ist nicht mehr gekommen. Sie ist bestimmt gestorben. War fast so lieb zu uns wie Claudia. Wollte uns was beibringen. Wir werden trotzdem nur sterben. Das dauert ja nicht mehr lange.
Tim schläft so schnell ein. Der hat es gut. Früher hätte ich Puppen gehabt zum Spielen. Jetzt habe ich Tim geschaukelt. Nun schläft er. Da freu ich mich mal ein bisschen. Tim ist immer da, wenn ich ihn brauche. Früher haben sich Brüder und Schwestern viel gestritten. Tim aber kann ich immer streicheln. Nur zugucken darf niemand.  

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