Sonntag, 19. Februar 2012

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1304

Mag dieses Tagesjournal vieles sein - Jürgen Polinske: Wortlos  ist nicht sein Schlüsselwort. Dies nur, weil dieses Gedicht das Seltsame der Sprache aufzeigt. Seine Behauptung "plötzlich versteh ich ..." kann man beim Wort nehmen, also "positiv", aber auch als Verkehrung, also mit denselben Worten verstehen "...Jetzt versteh ich gar nichts mehr" ...
Damit wären wir halbwegs elegant bei den übermorgigen "Gedichten des Tages, die ausnehmsweise direkt an die GdT von morgen anknüpfen sollen:


Nun sind wir in der Pflicht: Gestern wurden mit Brunhild Hauschilds Gedicht zwei Rätsel gestellt. Nun die Auflösung:
Die eine ist einfach. Der Titel des Gedichts ist wahrscheinlich zu konkret. Es ist normaler, dass die Seen "schon" früher zufrieren.
Die andere ist die wohl unbeabsichtigte Komik:
Meine Wangen, angstvoll heiß,
dennoch trägt das Eis mich schon.
Da ein Gedicht ja im Zusammenhang gelesen wird, hat der Wunsch der Autorin, dass sich alles schön reimt (was ihr formal auch gelang), inhaltlich zu der Verwunderung geführt, dass das Ich trotz der heißen Wangen vom Eis getragen wird. Eigentlich ein so hübsches Paradoxon, dass es verdiente, ausgebaut zu werden ...
Dabei freue ich mich "immer aufrichtig" über Brunhilds Gedichte: Sie hat etwas zu sagen. Wie sagt man dagegen etwas Nichtssagendes? Bisher hatte das Wort aufrichtig noch eine gewisse Unschuld. Es wurde "von gewissen ..." gemieden. Das wird wohl jetzt auch anders ...


Hoffentlich wird das erste der beiden Gedichte nicht als Verunglimpfung aufgefasst ... Schließlich spielt es direkt auf Tagesaktuelles ab. Nicht so wie die SF-Erzählung:

Slov ant Gali: Liebe Kinder (14 und Schluss)     

So kam dem dunkelhäutigen Vater des dunkelblonden Mädchens das Recht zu, den endgültigen Namen zu vergeben.
„Lilith!“ sagte er und auf die Verwirrung der anderen Väter hin, weil dieser Name vorher gar nicht im Gespräch gewesen war: „Der erste Mensch vor allen Menschen. In der Legende. Der Anfang, der anders war …“
Und so stimmten alle zu.

(6)
Bin das wirklich ich?
Was für Gedanken mich bedrängen! So viele peinliche. Wenn ich die in ein Tagebuch schriebe, müsste ich sehr aufpassen, dass es keiner liest. Aber ich brauche es nicht aufzuschreiben. Ich vergesse sie garantiert nicht. Vielleicht … Wenn ich schriebe, dass ich das von Tom nicht erwartet hatte, dann gäbe ich damit zu, dass ich ihn zu leichtfertig übersehen hatte. Es braucht halt jeder seine eigene Situation, in der er seine besonderen Fähigkeiten zeigen kann. Manche können es nie. Vielleicht kommt für jeden von uns noch der Moment zum über sich hinauswachsen.
Und wie weiter jetzt?
Immer Stück für Stück das klären, was gerade wirklich wichtig ist. Zum Beispiel die Milch. Ich werde jetzt Milch haben. Sie wird einschießen und dann …
Immer wieder neue Aufgaben. Wie gestaltet man ein menschliches Leben? Was wird das Kind wohl alles lernen? Wer wird es ihm beibringen? Von dem, was Menschen einmal alles erfunden und gebaut haben, gibt es kaum etwas, was noch funktioniert. Von dem, was die Menschen von der Natur gelernt haben, haben wir das meiste vergessen. Aber eben nicht total. Tom eben zum Beispiel …
Ob ich den Jungs sage, dass ich irgendwie, ich weiß nicht wie, aber eben irgendwie so eine Ahnung habe, dass die Krankheit bei uns nicht kommt? Aber das ist überhaupt nicht wichtig. Wir werden einfach so leben als ob das gar nicht anders kommen kann ...




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