Wie gewinnt man ein Gefühl dafür, wann was gut geht? Einmal ganz davon abgesehen, dass Kunst auch eine Frage des persönlichen Geschmacks ist, der mitunter sehr subjektiv ist. Diesmal sind zwei Gedichte von Sebastian Deya Gegenstand. Beide habe eines gemeinsam: Sie verwenden Reime als Mittel, aber sie verwenden sie schlampig. Trotzdem hätte ich sie unterschiedlich behandelt: Bei "Neuland" arbeitet der Autor mit eigentlich grauenvollen Paarreimen, die in einem Lyrikband jeden Dichter die Wutlocken aufrichten würden. Ganz anders wirkt der Text aber, sobald man ihn sich laut gesprochen vorstellt. Sofort entsteht ein Bild, WIE er zu sprechen wäre, notfallt als Rap, Bewegung dazu ... und alles funktioniert.
Anders bei "Modern Love". Das Gedicht gibt mit Strophe 1 eigentlich eine "klassische" Paarreim-Struktur vor mit nur einem anstößigem Halbtakt dazwischen. Es folgen aber immer neue neue Strophenstrukturen, bei denen man nach erbostem Lesen fürchtet, dass alles anders zu lesen, also zu betonen zu sein scheint, als man es für richtig hielte. Wobei die dritte sich an die erste Strophe anlehnt, es vielfach nur kleine Nachschliffe wären. Nur dadurch, dass man auf konventionelle Strukturen gestoßen wird, erwartet man sie auch eingehalten, während im ersten Gedicht keine Erwartungen geweckt werden, die nachher nicht eingelöst sind ...
Slov ant Gali / Gunda Jaron:
Ich wurde Gott (40)
... Als
körperlich Schwächster im Kreis machte ich die letzten Schritte auf
die Hütten zu. Mich eskortierte einer der Roboter-Ritter auf dem
Hauptweg, also jenem Weg, über den „meine Menschen“ ihre Felder
erreichten. Den Translator hatte ich mir umgeschnallt und mit einer
Art Megafon gekoppelt. Als ich auf dem freien Platz vor den Hütten
stand, erschrak ich selbst vor dem Hall der ersten Laute des Gerätes.
Aber irgendwie war das Gefühl ... so musste früher Rauschgift
gewirkt haben. Ich hatte etwas mit normaler menschlicher Stimme
gesagt und Sekunden später überschüttete ein Schwall mit
einheimischen A-Lauten übersättigter Töne den ganzen Ort.
Macht.
Eine unbändige Welle von Macht. Gleichzeitig drangen meine Robbis
von allen Seiten in die Hütten und begannen, deren Bewohner nach
draußen zu treiben.
Dutzende
Verängstigte, Wehrlose, von Schmerz und Müdigkeit Gezeichnete
krochen auf den Vorplatz.
„...Ihr
werdet jetzt einen kurzen Schmerz im Arm empfinden. Danach wird eure
Krankheit verschwinden. Ihr werdet leben können wie zuvor ...“
Ich
sprach noch so einiges mehr. Wichtig dabei war eigentlich nur, dass
die Robbis währenddessen die Dörfler zu einer Reihe ordneten. So
konnte ich beginnen und schnell vorankommen. Der in die Oberarme
geschossene Cocktail enthielt auch ein starkes, schnell wirkendes
Schmerzmittel, so
dass die
ersten bereits Linderung empfanden, als ich erst meinen etwa
dreißigsten Patienten passiert hatte. Verwunderte Ausrufe brachten
zwar zuerst die Reihe etwas durcheinander, bewirkten aber auch, dass
die Hinteren ohne besondere Aufforderung ihre Oberarme frei machten
und mir entgegenstreckten.
Die
Geimpften hieß ich sich hinsetzen. Da der Kessel immer kleiner
wurde, konnte ich die ersten Robbis bereits dafür abstellen, die
Hütten nach Toten zu durchsuchen und diese zu entsorgen.
Ich
hatte mich dafür entschieden, die „Beerdigung“ in der
ortsüblichen Form durchzuführen. Ich hatte nicht bemerkt, dass eine
Schrift die Erinnerung an irgendwelche Namen hätte erhalten können,
und Särge waren ein unvertretbarer und den Einheimischen ja auch
unverständlicher Luxus. ...
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