Heute setzen wir ohne zusätzliche Hinweise das Flickschusterprojekt fort mit
Eigentlich ist auch alles Nötige zum utopischen Romanprojekt gesagt. Wir setzen es einfach fort:
Slov ant Gali / Gunda Jaron:
Ich wurde Gott (43)
... Wenn
ich mich später an diese ersten Minuten nach dem überraschenden
Angriff erinnerte – und ich erinnerte mich oft daran – trat mir
immer wieder der Schweiß auf die Stirn. Ich hatte ein Feld voller
Verletzter zu bewerten. Ja, leider zu bewerten. Ich musste also
praktisch eine Reihenfolge der Behandlungen festlegen – wohl
wissend, dass je später ich jemanden zur Behandlung einteilte, er
damit um so wahrscheinlicher zum Tode verurteilt war. Ein Arzt hätte
ja nicht nur erkannt, ob und was er zu tun hatte, sondern auch, durch
welche Abfolge er möglichst viele Leben retten konnte. Ich sah nur,
dass nicht einmal zwanzig Saks unverletzt geblieben waren. Auf die
hetzte ich jene Robbis, die gerade die kosmetische Behandlung der
Pickelbeulen gelernt hatten. Ich versuchte, die Verletzten
aufzuscheuchen. Wer immer sich zur Entpickelung anstellen konnte,
wurde behandelt wie ein Unverletzter. Immerhin konnte im Umgang mit
den Riesen-Pickeln nicht viel falsch gemacht werden, und ich brauchte
unbedingt etwas freie Bahn. Auf die Entscheidungen zum weiteren
Vorgehen in diesem Fall war ich nicht vorbereitet. Selbst das
Aussortieren leicht Verletzter konnte ein Fehler sein. Durch diese
Pickel war vielleicht die Widerstandskraft der Körper so geschwächt,
dass ansonsten Harmloses lebensbedrohlich sein konnte. Ich war mir
nur sicher, dass wenn ich die Pfeile in den Körpern stecken ließ,
dies früher oder später zum Tode führen würde. Ich überzeugte
mich davon, dass sie nicht mit Widerhaken versehen waren. Nachdem ich
das geklärt hatte, entschloss ich mich zu einer barbarischen Aktion:
Ich verschoss Betäubungsladungen und riss, nur mit Handschuhen
ausgerüstet, Pfeil um Pfeil aus den Körpern, sofern die Getroffenen
noch Leben zeigten. Gelegentlich nutzte ich Robbis zum Fixieren der
Patienten. Nein, ich ließ die nicht operieren. Sie waren nicht für
Vergleichbares programmiert, und es wäre mir vorgekommen, als wollte
ich die Verantwortung für die Folgen abschieben.
Ohne
mich um mögliche Folgen zu kümmern, holte ich den Gleiter, um mit
dessen Licht wenigstens noch ein Stück der Nacht operieren zu
können. Hätte es zum Zeitpunkt meines Abfluges eine Technologie
gegeben, Nanniten auf unspektakulärem Weg fremden Körpern
zuzuführen, dann hätte ich es jetzt probiert. Aber das einzige, was
ich einsetzen konnte, war ein Cocktail, dem eine enorm anregende
Wirkung auf die natürlichen Körperfunktionen zugeschrieben wurde –
in der Kinder- und Jugendmedizin auf der Erde wurde er häufig
eingesetzt. Herumzulaufen, um mehr oder weniger hilflosen Patienten
den Durst zu löschen und dabei zu wissen, dass der eingeflößte
Trunk die Heilungschancen wenigstens etwas verbesserte, war viel
angenehmer, als mit Blut herumzuspritzen. Aber um ehrlich zu sein,
ich wusste allmählich nicht mehr, mit wem ich was gemacht hatte.
Dunkel hoffte ich, dass ich keinen lebenden Körper übersehen hatte,
in dem noch ein Pfeil steckte. Es war mir egal, was ein gelernter
Mediziner zu meiner Aktion gesagt hätte. Vielleicht machte ich viele
Fehler. Aber ich bemühte mich hier einmal ehrlich ohne
Hintergedanken. Ich hörte einfach auf zu behandeln, als es mir vor
den Augen flimmerte. Licht aus und hingelegt. ...
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