Mittwoch, 9. Mai 2012

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1385

Es ist sehr wahrscheinlich, dass die morgigen Gedichte des Tages aussehen wie gleich dargestellt. Die Einfälle kommen dabei also von außerhalb:


Thomas Reich liefert im Zusammenhang mit den Feierlichkeiten zum Sieg über den Hitlerfaschismus einen streitbaren Text. "Roter Oktober". Ohne den Ausdruck "Gesichtserkennungsprogramm" hätte ich es für eine Auseinandersetzung mit stalinistischen Verbrechen gehalten. So kann man auch interpretieren: Die Aufgaben, die einstmal zur Lösung anstanden, sind aktueller denn je ...

Es folgt ein zweites Gedicht, mit dem  Sebastian Deya beweist, dass er mit freien Rhythmen umgehen kann: "Auf der Siegerstraße"




Mit der Fortsetzung des utopischen Romanmanuskripts sollte zumindest der Beweis erbracht werden, dass kreative Momente auch aus dem "Inneren" kommen können:


Slov ant Gali / Gunda Jaron:   

                Ich wurde Gott (48)


... Die zwei Aufprallgeräusche des Metalls auf die Mauersteine oben waren das Einzige, was den bevorstehenden Angriff hätte verraten können. Sie waren aber dank meiner Hakenumwicklung so leise, dass wir sie unten nicht mehr hörten – und wir lauschten ja darauf. Nur, dass die Haken nicht wieder zurückfielen und dem Zug von unten widerstanden, bewies, dass die beiden Schüsse die gewünschte Wirkung erzielt hatten. Nun banden wir einander die Ballonleinen um und Aufstieg um Aufstieg begann.
Frag nicht! Natürlich hätten wir unten genügend große Ballons generieren können, um daran aufwärtszuschweben. Aber man hätte das gehört und wenn nur einer der Soldaten auf gut Glück in die verdächtige Richtung geschossen hätte, hätte er mit einem einfachen Pfeil mein Meisterwerk der Technik zum Absturz bringen können.
So dauerte es vielleicht eine Stunde, bis alle oben waren.

Der Rest ist schnell erzählt. Es gab nirgendwo einen Kampf. Ich hatte alle meine Kampfmaschinen mit auf minimale Leistung eingestellten Phots ausgerüstet und darauf programmiert, bei jeder als Warnung, Alarm oder Angriff interpretierbaren Reaktion sofort zu schießen. Eigentlich konnten die Treffer nur eine etwa eine Stunde anhaltende Nervenlähmung hervorrufen. Die Programmierung war nicht gerade diplomatisch, aber zweckmäßig. Die Robbis interpretierten eigentlich jede Reaktion im Sinne des Programms. So waren sie lange vor Ablauf einer Stunde bereits dabei, betäubte Saks in einen Saal zu tragen, den ich seiner glänzenden Wandgestaltung, eines am Boden lang gestreckten und auf einen erhöht postierten Sessel zielenden Läufers und eben jenes Sessels wegen den Thronsaal taufte.
Kurz entschlossen schritt ich erhobenen Hauptes an den Massen vorbei und nahm, ohne mich um Reaktionen der Anderen zu kümmern, auf dem Thron Platz.
Dieser Platz hatte einen unbestreitbaren Vorzug: Ich konnte das gesamte Geschehen im Saal überblicken. Die entzündeten Fackeln auf allen Seiten versetzten jede Ecke in ein zwar flackerndes, aber überall ausreichendes Licht. Ich ließ mir die Enttäuschung nicht anmerken. Zwischen den fast 100 Saks hatte ich kein Kind, demzufolge also auch keines aus meinem Dorf entdeckt. Sie mussten ja auf der Burg sein und die Robbis hatten angeblich alle Saks zusammengetrieben.
Aber erst einmal galt es, Ordnung zu schaffen. Dabei gab es eine Unsicherheit, an die ich bei der Planung der Aktion nicht gedacht hatte.
Wer von euch meint, dass ihm dieser Platz hier zusteht?“ Erst hallte meine eigene Stimme durch den Saal; dann ergossen sich aus dem Translator jene Laute, deren viele A-Vokale mir inzwischen zumindest vom Klang her vertraut waren. ...



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