Samstag, 26. Mai 2012

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1402

Heute ein Standardjournal bestehend aus geplanten "Gedichten des Tages" und Fortsetzungsromanfolge:


Eine "Marotte" von Jürgen Polinske ist es, nicht nur viel zu reisen, sondern als Andenken Gedichte zu den besuchten Orten zu schreiben. Diesmal erlaubt er sich einen Schnappschuss "Zum Piton de la Fournaise". Tipp, wenn jemand raten möchte: Nein, nicht in Europa ...
Noch ein wenig politische Sport-Metapher gefällig? Dann versuche man es mit "Vom Springen" ...

Slov ant Gali / Gunda Jaron:   

                Ich wurde Gott (65)



... Der eine Bottich war schnell leer. Die Zahl der Kinder, die sich danach an einen der anderen beiden Tröge heranwagten, hielt sich in sehr engen Grenzen. Ich grinste. Wahrscheinlich hatten sich dort schon zwei Gruppen ihre neuen Betreuerinnen gewählt.

 Nein, ich war in keiner Weise pädagogisch vorbelastet. Irgendwie blitzten zwar manchmal dunkle Stücke meiner Schulzeit im Gedächtnis auf – aber eben nur Eindrücke aus Schülerperspektive. Da ich auf der Erde nicht Vater geworden war, fehlten mir auch die laufenden erziehungsbegleitenden Unterweisungen und Praktika. Unsere vorherrschende Meinung ging davon aus, dass jeder Mensch einen Grundstock an praxisrelevanter Erziehungstheorie benötige. Die wurde aber immer so vermittelt, dass sie kurzfristig mit eigenen Erfahrungen verglichen und durch praktische Übungen gefestigt werden konnte. Für Menschen ohne eigene Kinder war das Studium zum Familienerzieher freiwillig, und mir hatte das Interesse gefehlt. Nun stand ich als Einzelmensch vor der Menschheitsaufgabe, aus dem Wust aller Erkenntnisse der mir bekannten Wissenschaften jene auszuwählen, die diesen Sakskindern zu einem Geistessprung aus ihrer bisherigen Gemeinschaft verhelfen konnten … Auch die Methoden dafür musste ich neu erfinden. Zumindest waren die Schriften, die ich im Speicher fand, so fern der Saks-Wirklichkeit, dass sie mir schwerlich verwendbar schienen. Von Kindern, die sich nicht im Geringsten vorstellen konnten, was Computer sind und dass man Informationen auch anders weiterverbreiten kann als durch lautes Zurufen, gingen die nicht aus. Als ich versuchte, zeitlich weiter in der Erderziehungsgeschichte zurückzugehen, fand ich Schläge mit dem Stock und andere Strafen. Das konnte es doch nicht sein?! Andersherum erinnerte ich mich der bei mir damals immer wieder neu aufgeblitzten Schülerfrage „Wozu der Mist? Das werde ich nie brauchen.“ Und ich stellte die Frage in vielen Zusammenhängen. Dass ich zum Beispiel sicher war und nachher auch irgendwie bestätigt wurde, dass ich den beanstandeten Inhalt wirklich nicht gebraucht hatte. Bisher zumindest. Biologie vor allem ist mir immer fremd geblieben.

Wenn mir erklärt wurde, welche Klassen, Familien und Gattungen Verwandtschaften zwischen Pflanzen und Tieren beschreiben, dann grinste ich und stellte mir Tante Lupus zu Besuch bei Neffe Pinscher vor. Und wozu sollte man selbst wissen, ob einem die Niere oder die Leber weh tat? Es war Sache des Arztes, das herauszufinden und zu kurieren. Jetzt hätte mir ein wenig allgemeines Verständnis sicher gut getan. Konnte ich das aber als Argument für Kinder verwenden?
Mathematisches dagegen hatte mich fasziniert – aber auch da war mir suspekt, dass ich Kopfrechnen üben sollte, wenn ich doch einen Rechner hatte. Das wiederum war so abstrakt, dass die Kinder kaum einen Sinn darin sehen würden.


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