Donnerstag, 17. Mai 2012

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1393

Die morgigen "Gedichte des Tages" sehen sehr nach "Notlösung" aus. Aber es gibt sicher auch Schlimmeres:


Manche Autoren vermisst man besonders wegen ihren eigentümlichen Tons. Zu diesen würde ich "fischl" zählen. Eines seiner Gedichte ohne Morgensternigkeit ist "Hilfe".
Mit einem Sponatangedicht, das ein Urteil eines Lyrik-Gurus provoziert hat, lässt sich dagegen sicher keine einziger Lorbeer gewinnen. Da brauche ich nicht "Ein Urteil" ...


Im Vergleich dazu fließt der Strom des Erzählens bereits in gewohnter Weise in dem utopischen Romanmanuskript


Slov ant Gali / Gunda Jaron:   

                Ich wurde Gott (56)


... Die angesprochenen Saks hörten sich meine Vorschläge mit versteinerten Mienen an, versprachen mit tiefen Verbeugungen, sie würden sich meinen Rat durchdenken, und verließen den Thronsaal gewohnt rückwärtsgehend. Ich hatte das sichere Gefühl, dass sie sich verletzt und verstoßen fühlten, dass meine Worte die falschen waren, dass ich überhaupt gerade etwas Falsches probierte. Aber ich wusste nichts Besseres – und ich wollte sie unbedingt schnell loswerden.
Erst viel später begriff ich, wie sehr besonders die Soldaten gekränkt waren. Die Bauern draußen kämpften alltäglich in mühevoller Arbeit und mit offenem Ausgang gegen verschiedenste Naturgewalten ums Überleben. Auf der Burg hatte es einen gesicherten, vergleichsweise hohen Sold gegeben, den letztlich genau jene Bauern erarbeiten mussten – und zwar auch dann, wenn kaum etwas für sie selbst übrig geblieben war. Ausreichende Dienstzeit und Erfahrung ermöglichte sogar den Aufstieg in einen Kommandorang. Die von mir geschenkte Freiheit kam für sie einer unterschiedlich starken Degradierung gleich – ganz abgesehen davon, dass sie das niedere Bauernwerk nicht nur nicht beherrschen wollten, sondern auch wirklich nicht mehr beherrschten.
Der neue Herr schickte sie fort. Also gingen sie – was sollten sie tun. Meine Vorschläge, mit denen ich ihnen die Freiheit zu schenken geglaubt hatte, nahmen die wenigsten an. Im Gegenteil.


Hätte ich mir mit der Tötung der ganzen alten Herrscherfamilie wahrscheinlich einen ewigen Gegner meines Zukunftsreiches dauerhaft vom Hals gehalten, gab ich ihm mit dieser Knechtbefreiung wahrscheinlich seine Anhänger zurück.
Das ahnte ich an jenem Tage nur sehr vage. Es war herrliches Wetter. Ich hatte allen ehemaligen Knechten und Dienern erlaubt mitzunehmen, wovon sie meinten, es stünde ihnen zu. Ich hatte ihnen erlaubt, die Tiere des Stalls und Saatgetreide mitzunehmen. So schaute ich geradezu wehmütig jenem imposanten Treck hinterher, der meiner Meinung nach einer Zukunft in Freiheit entgegen davonzog. Wer hat schon die Gelegenheit, unbelastet noch einmal völlig von vorn anzufangen.
Endlich konnte ich beginnen, mein neues Reich zu ordnen. Beginnen würde ich hier in der Kommandozentrale. Für alle technisch erforderlichen Aufgaben reichten die bereits verfügbaren Robbis aus. Am meisten freute ich mich, dass ich mich nicht an diesen Standard-Brei würde gewöhnen müssen. Ein Küchenrobbi wurde mit ein paar Zusatzprogrammen und einem der beiden Replikatoren ausgestattet. Damit war die Verpflegung für 100 Menschen oder Saks dauerhaft gesichert – mit abwechslungsreicher Nahrung wohlgemerkt.
Und ich konnte mit den Lehrprogrammen für meine künftigen Gesellschaftsschülerinnen beginnen. Vor mir stand etwas Gigantisches: Ich würde mein Land mit einer Gemeinschaft sicher, frei und glücklich lebender neuer Menschen besiedeln. Es würde Generationen dauern. Aber gerade Zeit besaß ich ja im Überfluss.
Ich wollte nicht absolut bei Null beginnen. Meine ersten Schülerinnen und in gewisser Hinsicht bald ersten Lehrerinnen waren jene fünf Mädchen, die sich wahrscheinlich gruselten so allein in der riesigen Burg ...
Die Änderungen würden klein beginnen. Vorbei die Zeiten, da irgendwelche Diener der Herrschaft, also mir, die gewünschten Untergebenen zuführten. Ich würde mich auch selbst bequemen können. Außerdem, gebe ich zu, war ich neugierig darauf, ob und wie die Mädchen sich in ihren Zimmern eingerichtet hatten.
Die nächste Änderung: gewöhnliches Klopfen, diesmal vom Herrn beim Gastkind.
Keine Reaktion. Stärkeres Klopfen. Ein Ruf aus dem Raum. Der Translator übersetzte „Herein!“
Auf den Anblick war ich nicht gefasst. Alles ging erst ganz schnell. Tür auf. Freier Blick auf die Bewohnerin. Erkennen meinerseits. A 14! Erschrecken ihrerseits. Das anfangs halb aufgerichtete, neugierige Mädchen schrumpfte zusammen zu einem Klumpen von vielleicht 35 Kilogramm Angst und Schrecken.
Meine Netzhaut hatte noch ein paar Rehaugen eingefangen, ein Gesicht, von dem ich mir sogar vorstellen konnte, es einmal schön zu finden. Da ist viel Gewöhnung dabei. Die fast kugelförmige Form ihres Kopfes und das dem entsprechend kreisrunde Gesicht entsprachen zwar nicht den Idealen der Erde. Das Näschen, das wie bei den meisten Saks aussah, als wäre es durch einen frühkindlichen Boxtreffer ins Gesicht hineingedrückt worden, störte auch ein wenig. Aber sonst?
Nun sah sie verschüchtert nach unten.

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